Zwischen Trotzkismus und Leninismus – Sinowjews und Kamenews ideologisches Getänzel

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Im Zuge des XX. Parteitags der KPdSU wurde Stalin in Grund und Boden verdammt und seine ideologischen Gegner entweder offiziell rehabilitiert oder zumindest in Zweifel gezogen, ob sie unrecht hatten. Mit Bucharin habe ich mich in diesem Kontext bereits befasst1. Auch zu einigen wirrköpfigen Ideen von Trotzki habe ich bereits geschrieben2 (auch wenn er, bis ans Ende der Sowjetzeit, nicht rehabilitiert worden ist; es war unmöglich!). Es gab aber noch weitere bekannte Gegenspieler Stalins, die man in den Blick nehmen kann.

Ein jeder Marxist kennt diese beiden Gestalten: Grigorij Jewsejewitsch Sinowjew und Lew Borissowitsch Kamenew. Deren Auseinandersetzungen mit Lenin und Stalin dürften jedem gebildeten Marxisten-Leninisten geläufig sein. Ideologisch befasst sich mit diesen beiden in der heutigen Zeit kaum noch jemand und Übersetzungen ihrer Werke sind sehr rar. Das ist es, was Potenzial zur Mythen- und Legendenbildung gibt. Um dem entgegenzuwirken kann man nur eines tun: Sie unter die Lupe nehmen. In den 70er Jahren erschien eine fünfbändige Textausgabe “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928” in deutscher Sprache, welche vor allem Werke von Trotzki, Sinowjew und Kamenew enthält. Diese Ausgabe dient mir als Hauptquelle.

Der “Streikbruch” und seine Folgen

Lenins sogenanntes “Testament” hat spätestens nach dem XX. Parteitag der KPdSU Weltberühmtheit erlangt, wobei es bereits seit Jahrzehnten in den wichtigsten Passagen bekannt gewesen ist. Eine dieser berühmten Passagen ist folgende:

Ich will die persönlichen Eigenschaften der anderen Mitglieder des ZK nicht weiter charakterisieren. Ich erinnere nur daran, daß die Episode mit Sinowjew und Kamenew im Oktober natürlich kein Zufall war, daß man sie ihm aber ebensowenig als persönliche Schuld anrechnen kann wie Trotzki den Nichtbolschewismus.”3

Dass Trotzki kein Leninist war, ist unübersehbar. Was ist aber mit der “Episode im Oktober” gemeint, in die Sinowjew und Kamenew verwickelt gewesen sind? Es war, vereinfacht gesagt, Verrat an der Oktoberrevolution, bevor sie überhaupt begonnen hat. Sinowjew und Kamenew lehnten die Revolution ab und ließen sich in der Presse offen über die Aufstandspläne der SDAPR(B) aus. Im heutigen Sprachgebrauch würde man sagen: Sinowjew und Kamenew haben die Aufstandspläne geleakt. Lenin nannte sie deshalb “Deserteure”4, sprach von “Streikbrechertum”5 und einem “schweren Verrat”6 durch sie. Dieser Vorwurf ist berechtigt, denn sie brachten die Durchführung des Oktoberaufstands in ernste Gefahr.

Lenin forderte aufgrund des Verrats von Sinowjew und Kamenew deren Rauswurf aus der Partei:

Je ernster die praktische Frage, je verantwortlicher – und je ´prominenter´ die Leute, die einen Streikbruch begehen, um so gefährlicher ist er, um so entschlossener muß man die Streikbrecher hinauswerfen, um so unverzeihlicher wäre es, etwa wegen früherer ´Verdienste´ des Streikbrechers zu schwanken.”7

Lenin riet ihnen sogar spöttisch, ihre eigene Partei zu gründen:

Mögen die Herren Sinowjew und Kamenew mit einigen Dutzend Leuten, die den Kopf verloren haben, oder mit Kandidaten für die Konstituierende Versammlung ihre eigene Partei gründen. Arbeiter werden einer solchen Partei nicht beitreten.”8

Es kam aber so, dass das ZK der SDAPR(B) Sinowjew nicht ausschloss, dafür aber wenigstens Kamenew. Lenin bezeichnete das als einen “Kompromiss”, den Swerdlow, Stalin, Sokolnikow und Dzierzynski gefordert hätten und er gegen eben diesen sei9. Lenin wandte sich am 12. Dezember 1917 (29. November 1917 nach julianischem Kalender) entschieden dagegen, Kamenew wieder ins ZK aufzunehmen10. Das blieb auch so, bis er auf dem VII. Parteitag im März 1918 wiedergewählt wurde.

Ist es verwunderlich, dass Lenin im Nachgang in einer ZK-Resolution noch einmal zur Opposition im ZK Stellung bezog? Lenin schrieb:

Das Zentralkomitee stellt fest, daß die Opposition, die sich innerhalb des ZK herausgebildet hat, alle grundlegenden Positionen des Bolschewismus sowie des proletarischen Klassenkampfes überhaupt voll und ganz preisgibt; sie wiederholt die zutiefst unmarxistischen Schlagworte von der Unmöglichkeit der sozialistischen Revolution in Rußland, von der Notwendigkeit, den ultimativen Forderungen und Rücktrittsdrohungen seitens der offenkundigen Minderheit der Sowjetorganisation nachzugeben; sie hintertreibt damit den Willen und den Beschluß des II. Gesamtrussischen Sowjetkongresses und sabotiert die eben geborene Diktatur des Proletariats und der armen Bauernschaft.”11

Diese “Unmöglichkeit der sozialistischen Revolution” war eine menschewistische Formel. Ist es nicht offensichtlich, dass das die Haltung war, die Sinowjew und Kamenew vertraten?

Wem das nicht offensichtlich ist, dem sei zu bedenken gegeben, dass Sinowjew noch 1923 dachte, dass der Bolschewismus im Jahre 1905 die bevorstehende Revolution nur als bürgerlich-demokratische Revolution angesehen hätte und erst 1917 als sozialistische Revolution12. Offensichtlich verstand Sinowjew nicht das Hinüberwachsen der bürgerlich-demokratischen Revolution in die sozialistische Revolution, die Lenin schon in der Zeit der 1905er Revolution vertrat13. Daran erkennt man bereits die ideologische Schwäche Sinowjews, die ihn zu einem Blatt im Wind werden ließ.

Dieses Ereignis entlarvt auch die späteren Bekenntnisse Sinowjews und Kamenews zum Leninismus.

Kamenew behauptete im Oktober 1926 auf der XV. Unionskonferenz der KPdSU:

In der letzten Zeit wurde die Aufmerksamkeit des öfteren auf Erinnerungen an das Jahr 1917 gelenkt, und das ist nützlich. Ich behaupte aber, dass seit jenem Augenblick, seit der April-Konferenz von 1917, alle jene Differenzen, die zwischen mir persönlich sowie einigen anderen Genossen einerseits und dem Genossen Lenin andererseits über den möglichen Charakter der Revolution bestanden haben, beendet sind.”14

Sinowjew behauptete am 8. Dezember 1926 auf der VII. Tagung des erweiterten Exekutivkomitees der Komintern (EKKI):

Wie früher stehe ich selbstverständlich auch jetzt auf dem Boden des Leninismus.”15

Wie man ersehen kann, waren Kamenew und Sinowjew in der Anfangszeit der Oktoberrevolution antileninistisch aufgetreten. Genauso wie Trotzki kehrten sie ihre Selbstentlarvung von 1917 eine Weile unter den Teppich, nur um immer wieder zu versuchen, die Partei auf das Gleis des Revisionismus zu verfrachten.

Die Verteidigung des Leninismus gegen den Trotzkismus

Es gab eine Zeit, da Kamenew und Sinowjew den Leninismus gegen Trotzkis Anschläge verteidigten.”16 – J. W. Stalin

Es dürfte hinreichend bekannt sein, dass Stalin im Jahre 1924 ein Werk unter dem Titel “Trotzkismus oder Leninismus?” verfasste, in welchem er den Leninismus gegen den Trotzkismus verteidigte. Unbekannt dürfte den meisten Genossen jedoch die Tatsache sein, dass Sinowjew und Kamenew ebenfalls Werke zur Verteidigung des Leninismus verfassten.

Sinowjew verfasste den Artikel “Bolschewismus oder Trotzkismus?”. Gleich zu Beginn schrieb er: “Den Leninismus durch den Trotzkismus zu ersetzen, das ist die Aufgabe, die sich Genosse Trotzki gesetzt hat.”17 Damit trifft er den Nagel auf den Kopf.

Sinowjew nannte die “permanente Revolution” ein “Intellektuellenschema, das in der Tat auf die Bedürfnisse des Menschewismus zugeschnitten” gewesen sei18. Der Sozialismus in einem Lande wurde nicht erwähnt als Theorie, aber die “permanente Revolution” eindeutig abgelehnt. Den schon 1923 in “Was ist der Bolschewismus?” getätigte Vorwurf gegen Trotzki “Die Theorie der ´permanenten Revolution´ sprang über die Bauernschaft hinweg.”19 wiederholte Sinowjew und tätigte sogar diese Aussage:

Eine taube Nuß wird nicht besser, wenn man sie oberflächlich vergoldet. Der Trotzkismus, der bis zur Kriegszeit eine Abart des Menschewismus dargestellt hatte, wird nicht besser dadurch, daß man ihn mit ´Leninismus´ vergolden will.”20

Sinowjew stellte sogar klar und deutlich diese Forderung auf:

Bolschewisierung aller Schichten der Partei! Ideologischer Kampf gegen den Trotzkismus!”21

Damals wurde von Sinowjew und Kamenew entsprechend dieser Haltung auch der Ausschluss von Trotzki aus der Partei gefordert, dem damals von Seiten Stalins und seiner Anhängerschaft noch nicht stattgegeben worden ist. Die KPdSU unter Gorbatschow warf Stalin sogar vor, dass Stalin verhindert hätte “den Kampf gegen Trotzki und den Trotzkismus zu seinem logischen Ende zu führen”22 und somit die “persönliche Verantwortung für die ungewöhnliche Verschärfung” des Fraktionskampfes tragen würde23. Dabei war Stalin eher eine Person, die genau das Gegenteil versuchte24, nämlich die Partei zusammenzuhalten, so wie es Lenin in seinem sogenannten “Testament” forderte25. Das funktionierte aber nicht aufgrund der völlig unversöhnlichen Ansichten.

Kamenew hielt an verschiedenen Anlässen eine Rede unter dem Titel “Leninismus oder Trotzkismus”, die später auch in gedruckter Form erschienen ist. In diesem Werk zitiert Kamenew26 den berühmten Ausspruch Lenins über Trotzki:

Noch niemals, in keiner einzigen bedeutsamen Frage des Marxismus, hatte Trotzki eine feste Meinung, stets ´kroch er in die Spalten´ zwischen den verschiedenen Meinungen und pendelte von einer Seite zur anderen.”27

Abgesehen davon führt er an, wo Trotzki sich in der Praxis gegen Lenin wandte28 und den Versuch, den Leninismus durch den Trotzkismus zu “korrigieren”29. Kamenew sagte:

Seinem Leser bringt Trotzki künstlich diesem seinen Grundgedanken bei: ideologisch sei der Oktober kein Leninismus, sondern Trotzkismus gewesen, die Theorie des letzteren habe sich bewährt, der Oktober ist vorüber, wir werden ihm erklären, er kann nur durch Trotzkis Theorie und nicht durch die Theorie Lenins erfaßt werden. Die Theorie der permanenten Revolution müsse rehabilitiert und als jene ideologische Waffe anerkannt werden, die uns den Oktobersieg brachte.”30

Die Ablehnung der “permanenten Revolution” von Trotzki wird hieraus ersichtlich. Es folgt kein klares Bekenntnis zum Sozialismus in einem Lande, aber dieser bildet das dialektische Gegenstück zu Trotzkis falscher Theorie. Auch Kamenew charakterisiert Trotzkis Versuche korrekt, nämlich “den Leninismus durch den Trotzkismus ersetzen” zu wollen31. Das war Trotzkis einziger Lebenszweck, nämlich zu versuchen, die KPdSU auf seinen falschen Kurs zu wenden, mit allen Mitteln. Schließlich fand er dadurch auch sein Ende. Stalin wusste dies ebenfalls32.

Kamenew sagte in seiner Rede auch folgende Worte:

Die ´Lehren des Oktober´ [von Trotzki; L. M.] haben ein etwas tiefer gehendes Ziel, als es auf den ersten Blick scheinen könnte. Auf der Oberfläche scheint es, daß diese Schrift eine Enthüllung Sinowjews und Kamenews darstellt. Es ist auch davon die Rede. Aber auch von etwas mehr, nämlich davon, daß die Fehler Kamenews und Sinowjews die Grundformeln des Leninismus diskreditieren und nach dem Trotzkismus rufen.”33

Ironischerweise nimmt Kamenew damit seinen eigenen Weg und den von Sinowjew vorweg. Den Leninismus konnten Sinowjew und Kamenew nicht diskreditieren, zu Rufern des Trotzkismus konnten sie aber dennoch werden – und sie werden es auch tatsächlich.

Die Verteidigung des Leninismus gegen den Trotzkismus war aber nur eine kurze Episode von so vielen im ideologischen Getänzel von Sinowjew und Kamenew. Das zeigte der weitere Verlauf der Geschichte.

In Opposition gegen Stalin

Kaum war das Jahr 1924 vorbei und Trotzkis konterrevolutionäre Ansichten vorerst zurückgewiesen worden, begannen Sinowjew und Kamenew damit, sich gegen Stalin zu stellen.

Sinowjew hielt auf dem XIV. Parteitag der KPdSU das Koreferat zu Stalins Bericht an den Parteitag, was dadurch ermöglicht worden ist, dass sie genügend Unterschriften sammelten, um dieses zu erwirken. Dies ließ Sinowjew und seine Unterstützer offen als Opposition zu Stalin in Erscheinung treten. Dieses Referat Sinowjews war laut Einschätzung der KPdSU der Gorbatschow-Ära “in friedlichen und vorsichtigen Tönen” gehalten. Dieser Einschätzung würde ich zustimmen. Außerdem wird angemerkt:

Im Korreferat kam in verschleierter Form zum Ausdruck, daß in den entstandenen Meinungsverschiedenheiten, die auf der persönlichen Feindschaft der beiden Führer der Gruppen, Sinowjew und Stalin, beruhten, auch objektive Widersprüche in den Methoden der Leitung, in der Entwicklung der Volkswirtschaft und des ganzen Landes eine Rolle spielten.”34

Auch dem würde ich zustimmen. Das macht diese Rede Sinowjews auch für die Thematik dieses Artikels kaum verwertbar. Sinowjew hielt sich ziemlich zurück bis auf einige Punkte.

Sinowjew bestritt zwar in Worten nicht, dass der Aufbau des Sozialismus in einem Lande möglich sei, aber sagte, dass der sozialistische Aufbau nur im internationalen Umfang “endgültig” sein könne35. Das ist erstmal keine feindliche Haltung gegenüber dem Sozialismus in einem Lande. Auch bestritt er nicht, die Notwendigkeit der NÖP als Übergangsphase vom Kapitalismus zum Sozialismus: “Daß die NEP der Weg zum Sozialismus ist, ist unbestreitbar.”36 Mit dem Angriff dagegen, dass es Versuche gebe, die “NEP als Sozialismus zu erklären”37, kritisierte er eindeutig Bucharin.

Sinowjew akzeptierte auch Lenins “fünf Wirtschaftsformen”38, die in der frühen Sowjetunion parallel existierten. Welche waren das? Lenin erwähnte 1918 in seinem Werk “Über ´linke´ Kinderei und Kleinbürgerlichkeit”:

1. Die patriarchalische Bauernwirtschaft, die in hohem Grade Naturalwirtschaft ist; 2. die kleine Warenproduktion (hierher gehört die Mehrzahl der Bauern, die Getreide verkaufen); 3. der privatwirtschaftliche Kapitalismus; 4. der Staatskapitalismus; 5. der Sozialismus.”39

War alles mit Sinowjews Position in dieser Hinsicht alles in Ordnung, weil er Lenins “fünf Sektoren” als existent anerkannte? Nein, im Gegenteil. Er behauptete, dass in den sozialistischen Unternehmen noch nicht der “volle Sozialismus herrschen” würde40. Hier kann man ersehen, dass Sinowjew trotz des Kreidekauens seine revisionistischen Anschauungen nicht vollständig verbergen konnte. Warum sollten die sozialistischen Betriebe noch nicht “voll sozialistisch sein”, wenn doch der Aufbau des Sozialismus auch aus seiner Sicht möglich sei? Das war ein Widerspruch, der seine wahren Ambitionen durchschimmern ließ.

Kamenew hielt eine Diskussionsrede auf dem Parteitag, in welcher er ebenfalls behauptete, dass die sozialistischen Unternehmen “keine vollkommen sozialistischen Verhältnisse” besitzen würden41. Das war aber nicht der Hauptfokus von Kamenew. Dieser lag darin, Stalin dafür zu schelten, Bucharins Linie nicht mit aller Kraft zu bekämpfen: “Du bist schwerlich mit dieser Linie einverstanden, aber du deckst sie, und darin besteht dein Fehler als Parteiführer.”42 Diese Worte schleuderte er Stalin entgegen. Selbst während der Gorbatschow-Ära wurde zugegeben, dass diese Attacke gegen Stalin keineswegs populär gewesen ist43.

Kamenew unterstützte außerdem in Worten den Aufbau des Sozialismus in einem Lande, bei welchem er anerkannte, dass Lenin ihn bewiesen habe, “trotz der Verzögerung der Weltrevolution”44. Es war also mit einem gewissen Vorbehalt behaftet. Dieser Vorbehalt war die Sollbruchstelle seiner eigenen ideologischen Haltung.

Die Opposition gegen Stalin als Generalsekretär war also eher vage begründet bzw. mit einem sehr konkreten Sachverhalt verbunden nach außen hin. Anhand der formellen Hauptreden des Parteitags lässt sich nicht recht der ideologische Zwist dahinter erschließen. Dieser lag aber tiefer als in persönlichen Streitigkeiten. Dieser lag nämlich eigentlich darin:

Opposition gegen den “Sozialismus in einem Lande”

Bucharin durchschaute Sinowjew und Kamenew in seiner Diskussionsrede auf dem XIV. Parteitag der KPdSU. Er warf ihnen vor, Zweifel an der Möglichkeit des Aufbaus des Sozialismus in einem Lande zu streuen, bis dahin, sie zu leugnen45.

Und tatsächlich, im Schlusswort Sinowjews auf dem XIV. Parteitag der KPdSU kam genau dieses Thema auf den Tisch. Er ließ sich darüber ausgiebig aus. Diese Rede stellt aus Sicht der Beurteilung seiner revisionistischen Anschauungen die Hauptrede dar. Er sagte in dieser:

Man sehe nur, wie weit sich zum Beispiel Genosse Jakowlew auf der letzten Kursker Gouvernementsparteikonferenz verstiegen hat: ´Können wir´, fragt er, ´in einem Lande, wo uns von allen Seiten kapitalistische Feinde umgeben, können wir unter solchen Verhältnissen in einem Lande den Sozialismus errichten?´ Und er antwortet: ´Auf Grund des Gesagten haben wir das Recht zu behaupten, dass wir nicht nur den Sozialismus bauen, sondern dass wir, obwohl wir einstweilen allein sind, obwohl wir einstweilen das einzige Sowjetland in der Welt, der einzige Sowjetstaat sind, den Sozialismus errichten werden.´ (´Kurskaja Prawda´ Nr. 279 vom 8. Dezember 1925.) Ist das etwa eine leninistische Fragestellung, riecht das etwa nicht nach nationaler Beschränktheit?”46

Der Sozialismus in einem Lande wurde also von Sinowjew als “nationale Beschränktheit” abgetan. Dann müsste Sinowjew genauso Lenin “nationale Beschränktheit” vorwerfen, da er im Jahre 1922 davon sprach, dass das junge Sowjetland ein Land sei, “das (vorläufig noch ohne direkte Unterstützung fortgeschrittener Länder) den Übergang zum Sozialismus vollzieht.”47 Es ist ersichtlich, dass Sinowjew sich gegen den Leninismus wandte mit seiner Aussage. Es dürfte bekannt sein, dass er dafür von Stalin zurechtgewiesen worden ist.

In Stalins Diskussionrede wurde natürlich auch Bucharin kritisiert. Er zitierte Lenins Ausspruch, dass “aus dem Rußland der NÖP das sozialistische Rußland werden wird.”48 Anschließend kritisierte er Krupskaja dafür, dass sie die NÖP bloß für Kapitalismus halten würde und dadurch nicht in der Lage sei, Lenin gegen Bucharin zu verteidigen49. Er wusch auch Sinowjew und Kamenew das Fell für ihre falsche Sicht auf den Staatskapitalismus und merkte an, dass die sozialistischen Betriebe unlängst wirtschaftlich dominierten50. Schon im Politischen Bericht an den Parteitag wandte sich Stalin dagegen, die sozialistischen Betriebe als “staatskapitalistisch” fehlzubezeichnen51 und machte klar, dass diese Betriebe sozialistisch seien, weil sie eben der Arbeiterklasse gehörten während staatskapitalistische Betriebe Konzessionsbetriebe seien52. Wie bereits erwähnt, war Stalin dagegen, den Fraktionskampf mehr als nötig hochzukochen. Auf die Frage, wieso Trotzki nicht ausgeschlossen worden ist, sondern lediglich einige Posten abgeben musste, sagte Stalin:

Wir waren mit Sinowjew und Kamenew nicht einverstanden, da wir wussten, daß die Politik des Absägens große Gefahren für die Partei in sich birgt, dass die Methode des Absägens, des Aderlassens – und sie forderten Blut – gefährlich und ansteckend ist: heute hat man den einen abgesägt, morgen kommt der andere, übermorgen ein dritter dran, und was bleibt dann in der Partei?”53

Stalin liefert also ein anderes Bild als das der bürgerlichen Propaganda. Es ist lediglich, dass die ideologischen Gegensätze von Seiten der Opposition unüberwindlich geworden sind. Stalins Ziel war es, die Partei wieder zu einigen. Er sprach:

Die Partei will die Einheit und wird sie durchsetzen – mit Kamenew und Sinowjew, wenn sie es wollen, ohne sie, wenn sie es nicht wollen. Was aber erfordert die Einheit? Die Einheit erfordert, dass die Minderheit sich der Mehrheit unterordnet. Ohne das gibt es keine und kann es keine Einheit der Partei geben.”54

Es dürfte keine Überraschung sein, dass die Einheit der Partei letztlich ohne Sinowjew und Kamenew erreicht worden ist.

Der Sozialismus in einem Lande wurde nicht erwähnt in Stalins Schlusswort. Erkannte Stalin die Tragweite der Äußerungen Sinowjews und Kamenews nicht, die sie zum – oder besser: gegen das – Thema des Sozialismus in einem Lande tätigten? Doch, er war sich darüber vollstens bewusst. In einem Brief an einen gewissen Pokojew schrieb Stalin im Februar 1926 folgendes:

Leider haben Sie unsere Meinungsverschiedenheiten auf dem XIV. Parteitag nicht verstanden. Es handelt sich gar nicht darum, dass die Opposition etwa behauptet habe, wir hätten noch nicht den Sozialismus erreicht, der Parteitag aber gesagt habe, wir hätten den Sozialismus bereits erreicht. Das stimmt nicht. In unserer Partei wird sich niemand finden, der sagen könnte, daß wir den Sozialismus bereits verwirklicht hätten. Der Streit ging auf dem Parteitag gar nicht darum. Der Streit ging um folgendes: Der Parteitag sagte, daß die Arbeiterklasse im Bündnis mit der werktätigen Bauernschaft die Kapitalisten unseres Landes vollends schlagen und die sozialistische Gesellschaft errichten kann, selbst wenn ihr die siegreiche Revolution im Westen nicht zu Hilfe kommt. Die Opposition hingegen sagte, daß wir die eigenen Kapitalisten nicht vollends schlagen und die sozialistische Gesellschaft nicht errichten könnten, solange die Arbeiter im Westen nicht gesiegt hätten.”55

Stalin hatte dies also sehr wohl im Blick, aber bevorzugte es, auf dem Parteitag nicht tiefer auf dieses Thema einzugehen. Stattdessen ging er später in seinem Werk “Zu den Fragen des Leninismus” im Januar 1926 darauf tiefer ein. Es handelt sich dabei um eine Erweiterung des 1924 erschienenen Werkes “Über die Grundlagen des Leninismus”.

Relativ zu Beginn führt Stalin eine falsche Definition Sinowjews für den Leninismus an:

Der Leninismus ist der Marxismus der Epoche der imperialistischen Kriege und der Weltrevolution, die unmittelbar in einem Lande begonnen hat, in dem die Bauernschaft überwiegt.”56

Stalin kommentierte dazu, dass man dadurch “den Leninismus aus einer internationalen proletarischen Lehre in ein Produkt spezifisch russischer Verhältnisse verwandelt.”57 Stalin hat damit völlig recht und Sinowjew verkennt dadurch die Tatsache, dass die Arbeiterklasse in der Sowjetunion die führende Klasse gewesen ist. Allein daraus lässt sich viel für Sinowjews falsche Anschauungen ablesen: Wenn er den Leninismus bloß als eine Art “russische Bauernideologie” ansieht, trotz seines klaren proletarischen Fokus, dann ist eine Hinwendung zum Trotzkismus nicht nur nicht mehr so überraschend, sondern spiegelt sich eben hierin wider.

Fehler Sinowjews, wie seine Gleichsetzung der Diktatur des Proletariats mit einer “Diktatur der Partei”58, sind nebensächlich. Es gibt selbst ehrliche Genossen, die derartige Fehler begehen, aus einem Mangel an Theorieverständnis und einem Mangel an Weitsicht. Diese falsche Idee der “Diktatur der Partei” wurde auch noch in der Gorbatschow-Ära bei Sinowjew erkannt und kritisiert59.

Stalin kritisierte Sinowjew für seine Sichtweise, die faktisch bedeutete, man könne am Sozialismus bauen, ohne ihn wirklich aufzubauen60. Auch das oben bereits angeführte Zitat zur angeblich “nationalen Beschränktheit” wurde von Stalin als Beispiel von Sinowjew zitiert.

Stalin zieht als notwendige Schlussfolgerungen daraus:

Kapitulation vor den kapitalistischen Elementen unserer Wirtschaft – dahin führt die innere Logik der Argumentation Sinowjews.”61

Man hätte im Oktober 1917 nicht die Macht ergreifen sollen – das ist die Schlussfolgerung, zu der die innere Logik der Argumentation Sinowjews führt.”62

Nicht zuletzt betonte Stalin noch einmal die Wichtigkeit des XIV. Parteitags der KPdSU dafür, die sozialistischen Betriebe dagegen zu verteidigen, sie als “staatskapitalistisch” hinzustellen und er betonte auch die Wichtigkeit, dass dieser Parteitag den “Kampf für den Sieg des sozialistischen Aufbaus in der UdSSR” beschloss63, entgegen der Opposition.

Was folgte, war eine relative Ruhe vor dem Sturm. Aber unter der Oberfläche ging der Linienkampf natürlich weiter.

Auf der XV. Unionskonferenz der KPdSU im Oktober/November 1926 kochte das Thema “Sozialismus in einem Lande” nämlich noch einmal hoch. Aus dem Schwelbrand wurde ein offenes Feuer.

Stalin hielt auf der Konferenz seine berühmte Rede “Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei”, in welcher über die Opposition sprach. Er sprach darüber, dass Sinowjew, Kamenew und Trotzki einen Block bildeten, dieser aber schwach geworden sei. Die Begründung dafür lieferte er gleich mit:

Worin bestand die Stärke der Sinowjew-Gruppe?

Sie bestand darin, dass sie einen entschiedenen Kampf gegen die Grundlagen des Trotzkismus führte. Sobald aber die Sinowjew-Gruppe auf ihren Kampf gegen den Trotzkismus verzichtete, entmannte sie sich sozusagen selbst, beraubte sie sich ihrer eigenen Kraft.

Worin bestand die Stärke der Trotzki-Gruppe?

Sie bestand darin, dass sie einen entschiedenen Kampf gegen die Fehler Sinowjews und Kamenews im Oktober 1917 und gegen ihren Rückfall in diese Fehler in der Gegenwart führte. Sobald aber diese Gruppe auf den Kampf gegen Sinowjews und Kamenews Abweichung verzichtete, entmannte sie sich selbst, beraubte sie sich ihrer eigenen Kraft.

So ergab sich denn eine Zusammenlegung der Kräfte von Kastraten.”64

Das lag daran, dass diese Gruppe sich zusammenfand, indem sie aufhörten, die Positionen zu vertreten, die bei ihnen richtig waren, zu vertreten, sodass nur noch das Falsche übrigblieb.

Die trotzkistischen Gegner des Sozialismus in einem Lande führten Engels´ “Grundsätze des Kommunismus” an, um zu “beweisen”, dass dieser unmöglich sei. Engels verneinte die Frage, ob die Revolution in einem Lande vollziehbar sei und schrieb: “Die kommunistische Revolution wird daher keine bloß nationale, sie wird eine in allen zivilisierten Ländern, d.h. wenigstens in England, Amerika, Frankreich und Deutschland gleichzeitig vor sich gehende Revolution sein.”65 Betrachtet man die 1848er Revolution, die fast in ganz Europa ausbrach, so scheint diese Theorie gewisse Berechtigung gehabt zu haben. Aus diesem Grund kommentierte Stalin:

Das wurde in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts geschrieben, als es noch keinen monopolistischen Kapitalismus gab. Charakteristisch ist, daß Rußland hier nicht einmal erwähnt wird, dass Rußland überhaupt fehlt. Und das ist durchaus verständlich, da Rußland mit seinem revolutionären Proletariat, Rußland als revolutionäre Kraft damals noch nicht existierte, ja auch nicht existieren konnte.

War das richtig, was hier, in diesem Zitat, unter den Bedingungen des vormonopolistischen Kapitalismus gesagt wurde, war das in der Periode, in der Engels darüber schrieb, richtig? Ja, es war richtig.

Ist diese These heute, unter den neuen Bedingungen, den Bedingungen des monopolistischen Kapitalismus und der proletarischen Revolution, richtig? Nein, sie ist bereits nicht mehr richtig.

In der alten Periode, in der Periode des vormonopolistischen Kapitalismus, in der vorimperialistischen Periode, als der Erdball noch nicht unter die Finanzgruppen aufgeteilt war, als die gewaltsame Neuaufteilung des bereits Aufgeteilten noch keine Lebensfrage für den Kapitalismus war, als die Ungleichmäßigkeit der ökonomischen Entwicklung noch nicht so scharf ausgeprägt war und es auch nicht sein konnte, wie sie es später wurde, als die Widersprüche des Kapitalismus noch nicht jene Entwicklungsstufe erreicht hatten, auf der sie den blühenden Kapitalismus in den sterbenden Kapitalismus verwandeln und die Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einzelnen Ländern eröffnen – in dieser alten Periode war Engels´ Formel unbestreitbar richtig. In der neuen Periode, in der Periode der Entwicklung des Imperialismus, da die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der kapitalistischen Länder zum entscheidenden Faktor der imperialistischen Entwicklung geworden ist, da die zwischen den Imperialisten unvermeidlichen Konflikte und Kriege die Front des Imperialismus schwächen und eine Durchbrechung dieser Front in einzelnen Ländern ermöglichen, da das von Lenin entdeckte Gesetz der Ungleichmäßigkeit der Entwicklung zum Ausgangspunkt der Theorie vom Sieg des Sozialismus in einzelnen Ländern geworden ist – unter diesen Bedingungen ist die alte Formel von Engels bereits nicht mehr richtig, unter diesen Bedingungen muss sie unbedingt durch eine andere Formel ersetzt werden, die besagt, daß der Sieg des Sozialismus in einem Lande möglich ist.”66

Aus diesem Grund konnten auch noch Deutschland, Italien und Japan als imperialistische Staaten sich entwickeln – eben weil in der vormonopolistischen Stufe des Kapitalismus die Entwicklung eher ausgleichend wirkte, statt ungleichmäßig.

Wer sich noch in Phase des Imperialismus auf Engels berufen will, der kann auch gleich sagen: “Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.”67 Jene Bedingungen der 1848er Zeit sind deutlich anders als die unter dem imperialistischen Weltsystem. Das ist für jeden klar ersichtlich; für Renegaten jedoch, die sich an bloße Buchstaben hängen, deren Hintergrund und Sinn ein anderer war, spielt das keine Rolle.

Stalin führte an, dass Lenin die Theorie des Sozialismus in einem Lande entwickelte auf der Grundlage seiner Erkenntnis, dass der Imperialismus eine “neue, letzte Phase des Kapitalismus” darstellen würde68. Stalin zitierte aus Lenins “Über die Losung der vereinigten Staaten Europas”. In diesem Werk schrieb Lenin die berühmten Worte:

Die Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung ist ein unbedingtes Gesetz des Kapitalismus. Hieraus folgt, daß der Sieg des Sozialismus zunächst in wenigen kapitalistischen Ländern oder sogar in einem einzeln genommenen Lande möglich ist.”69

Stalin zitierte auch Worte aus einem Artikel Trotzkis aus dem Jahre 1915, welcher als Antwort auf Lenins “Über die Losung der vereinigten Staaten Europas” verfasst worden ist, in welchem Lenin erstmals die Theorie vom Sozialismus in einem Lande aufgestellt hat. Trotzki behauptete:

Ohne auf die anderen zu warten, beginnen wir den Kampf auf unserem eigenen nationalen Boden und setzen ihn fort, in der völligen Gewissheit, dass unsere Initiative den Impuls für den Kampf in anderen Ländern liefern wird; und wenn das nicht so wäre, dann wäre es hoffnungslos zu denken – das belegt obwohl geschichtliche Erfahrung als auch theoretische Überlegungen –, dass zum Beispiel das revolutionäre Russland sich angesichts eines konservativen Europas halten könnte oder dass ein sozialistisches Deutschland in einer kapitalistischen Welt isoliert bleiben könnte.”70

Stalin kommentierte:

Lenin zufolge stellt das Proletariat, das die Macht erobert hat, eine Kraft dar, die überaus aktiv auftritt und größte Initiative entwickelt, die die sozialistische Wirtschaft organisiert und noch weiter schreitet, den Proletariern der anderen Länder zu Hilfe eilt. Trotzki zufolge verwandelt sich das Proletariat, das die Macht erobert hat, dagegen in eine halbpassive Kraft, die einer sofortigen Hilfe bedarf, die ihr nur der sofortige Sieg des Sozialismus in anderen Ländern gewähren kann, und die, in steter Angst um ihre Macht, sich wie im Biwak fühlt. Nun, wenn aber der sofortige Sieg der Revolution in anderen Ländern ausbleibt – was dann? Dann wirf die Arbeit hin.”71

Das ist die Haltung, die Stalin auch aus Sinowjews früheren Ausführungen extrahieren konnte.

Stalin unterstellte dem Trotzkismus durch die Ablehnung des erfolgreichen Sozialismus in der Sowjetunion, eine “sozialdemokratische Abweichung” zu sein72. Dies ist passend, denn die damalige internationale Sozialdemokratie schmähte die Sowjetunion und versuchte zu “beweisen”, dass sie “nicht sozialistisch” wäre.

Stalin wies außerdem darauf hin, dass der Sozialismus in der Sowjetunion nicht Selbstzweck sei, sondern “als Weg zum Sieg der proletarischen Revolution in anderen Ländern”73 führe. Dies sollte sich im Zweiten Weltkrieg in der Praxis bewahrheiten, neben den, natürlich, auch selbstständig stattfindenden sozialistischen Revolutionen auf der Welt.

Über die Entwicklung der Differenzen sprach Stalin:

Die Differenzen der jetzigen Führer der ´neuen Opposition´, Kamenew und Sinowjew, mit dem Zentralkomitee unserer Partei in der Frage des Aufbaus des Sozialismus in unserem Lande nahmen erstmalig kurz vor der XIV. Konferenz offene Form an.”74

Die XIV. Parteikonferenz fand im April 1925 statt. Das heißt also, dass diese Differenzen um diese Zeit aufgetreten sein mussten. Stalin merkte aber an:

Auf der XIV. Parteikonferenz selbst hatten Kamenew und Sinowjew die Richtigkeit der Parteilinie in der Frage des Aufbaus des Sozialismus in unserem Lande formell anerkannt.”75

Das änderte sich auf dem XIV. Parteitag der KPdSU im Dezember 1925. Stalin führte das Zitat Sinowjews an, in welchem er Jakowlew “nationale Beschränktheit” vorwarf. “Demnach verdient Jakowlew, der im Wesentlichen die Linie der Partei und des Leninismus vertrat, den Vorwurf der nationalen Beschränktheit.”76, merkte Stalin an. Anschließend warf Stalin Sinowjew zurecht eine “Abkehr vom Leninismus” vor.

Stalin fasst Sinowjews Überzeugung folgend zusammen:

Sinowjews Ansicht nach bedeutet siegen, im Sinne des Sieges des Sozialismus in einem Lande, die Möglichkeit, den Sozialismus zu bauen, ohne die Möglichkeit zu haben, ihn wirklich aufzubauen. Ihn zu bauen, in der Überzeugung, daß man ihn doch nicht aufbauen wird. Das nennt sich also bei Sinowjew Sieg des Sozialismus in einem Lande. Was die Errichtung der sozialistischen Gesellschaft betrifft, so vermengt er sie mit der Frage des endgültigen Sieges und beweist dadurch, daß er die Frage des Sieges des Sozialismus in unserem Lande in ihrer Gesamtheit überhaupt nicht versteht. Die sozialistische Wirtschaft bauen, mit dem Bewusstsein, daß man sie doch nicht aufbauen wird – so weit hat es Sinowjew gebracht.”77

Diese Charakterisierung hatte seine Berechtigung. Es dürfte sich von selbst verstehen, dass auf diese Ausführungen Stalins in den Diskussionsreden von Sinowjew Kamenew eingegangen worden ist.

Kamenew wehrte sich gegen die Bezeichnung “Kapitulationsideologie”, um die Anschauungen von ihm und Sinowjew zu charakterisieren, wobei ihm von den Deputierten des Parteitags zugerufen wurde: “Es ist richtig!”78 Es ist offensichtlich, dass die Mehrheit gegen sie stand.

Kamenew sprach im Bezug auf den Charakter der sozialistischen Revolution:

Ich wiederhole, daß wir daran nicht im geringsten zweifeln, und Sie selbst werden es anerkennen, daß unsere Vergangenheit nicht den geringsten Grund bietet, der uns die Zustimmung zu einer solchen Charakteristik auch nur irgendwie erschweren könnte.”79

Kamenew möchte seine Meinungsverschiedenheiten mit Lenin aus dem April 191780 vergessen machen. Genauso will er damit Sinowjews Zweifel an den Aprilthesen vergessen machen, die selbst von Autoren aus der Gorbatschow-Ära angemerkt worden sind81. Kurzum: Kamenew lügt über die Vergangenheit – die eigene und die seines Komplizen Sinowjew.

Kamenew erkannte die Gefahr der militärischen Intervention an82. Er lehnte aber die Tatsache ab, dass Lenin den Sozialismus in einem Lande vertreten habe. Er behauptete, dass dies mit “Lenins Artikel aus dem Jahre 1915” (“Über die Losung der vereinigten Staaten von Europa”) nicht gemeint gewesen sei83, vor allem nicht in einem rückständigen Land wie Russland84. Er ging aus angeblichen “Zeitgründen” nicht tiefer auf dieses Thema ein.

Kamenew behauptete (unter Gelächter der Deputierten des Parteitags), dass er und Sinowjew nicht zum Trotzkismus übergegangen seien. Er behauptete anschließend: “Wir haben uns mit Trotzki zusammengeschlossen zur Verteidigung ganz bestimmter Anschauungen gegen ganz bestimmte Abweichungen in der Partei.”85 Diese faule Ausrede wurde, wie man ersehen kann, nicht ernst genommen.

Als Kamenew sagte “Wir wollen Euch unsere Anschauungen nicht um jeden Preis aufzwingen.”, entgegnete Schwernik: “Das würde noch fehlen!”86 Die Rede glich also eher einer ideologischen Blamage.

Sinowjew beginnt seine Rede damit, nicht anerkennen zu wollen, Teil einer “sozialdemokratischen Abweichung” zu sein87. Er behauptete weiter, dass er und Kamenew sich den Parteibeschlüssen unterwerfen würden und den Fraktionskampf einstellen würden88. Wie die Geschichte später zeigen würde, und wie dem werten Leser bekannt sein dürfte, handelt es sich hierbei um eine ziemlich dreiste Lüge.

Sinowjew ritt auf Bucharins rechter Abweichung herum, mit dessen Behauptung, dass der Kulak in den Sozialismus hineinwachsen könne89. Um dieses Thema ging es ihm aber nicht im Kern. Er verwehrte sich dagegen, dass er und Kamenew nicht an den Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion glauben würden90. Mit Bezug zu Bucharins Fehler distanzierte er sich entschieden von diesem91 und erkannte die Notwendigkeit der Kollektivierung der Landwirtschaft an92.

Sinowjew sagte über Stalins Ausführungen zum Zitat aus Engels´ “Grundsätze des Kommunismus” unmissverständlich: “Ich kann dem nicht zustimmen.”93 Er behauptete, dass Marx, Engels und Lenin “auf dem gleichen Standpunkt” stünden, dass die Revolution in einem Lande beginnen könne94. Er behauptete weiter, dass man somit bereits vor Erscheinen des “Kommunistischen Manifests” gewusst habe, dass die Revolution in einem Lande nicht siegen könne95. Diese Argumentationsweise ist nicht nur dogmatisch, sondern auch leicht angreifbar. Im “Kommunistischen Manifest” steht geschrieben:

Die Arbeiter haben kein Vaterland. Indem das Proletariat zunächst sich die politische Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben, sich selbst als Nation konstituieren muß, ist es selbst noch national, wenn auch keineswegs im Sinne der Bourgeoisie.”96

Nur der erste Satz davon wird gerne zitiert, der Rest wird meistens unterschlagen. Man könnte dieses Zitat bereits gegen Sinowjew anführen, ohne dass damit irgendetwas bewiesen wäre. Bei Sinowjew kommt das Zitat vor den materiellen Verhältnissen, nach dem Motto “Im Anfang war das Wort.”97. So eine Haltung kann nicht als wissenschaftlich bezeichnet werden. Lenin bezeichnete die “konkrete Analyse der konkreten Situation”98 als die lebendige Seele des Marxismus; für Sinowjew ist der Marxismus offensichtlich bloß eine Ansammlung von Dogmen nach dem Stil der Katholischen Kirche.

Sinowjew behauptete, dass er zwar einmal gesagt hätte, die technische Rückständigkeit der Sowjetunion sei “ein Hindernis im Wege des Aufbaus des Sozialismus”, aber verwehrt sich, dass er gesagt hätte, dass sie ein “unüberwindliches Hindernis” sei. Angeblich gäbe es von der Sitzung, auf der diese Worte gesprochen habe, kein Protokoll99. Dass er sich überhaupt so auf das Thema einlässt, erscheint merkwürdig. Man sagt ja sprichwörtlich “Getroffene Hunde bellen.”. Sinowjew war sich sicherlich dessen bewusst, dass Lenin dies zu der Thematik schrieb:

´Rußland hat in der Entwicklung der Produktivkräfte noch nicht die Höhe erreicht, bei welcher der Sozialismus möglich wäre.´ Mit diesem Leitsatz tun sich alle Helden der II. Internationale, und unter ihnen natürlich auch Suchanow, so wichtig, als wäre es der Stein der Weisen. Diesen unstrittigen Satz wiederkäuen sie auf tausenderlei Weise, und es scheint ihnen, als sei er entscheidend für die Beurteilung unserer Revolution.”100

Und selbst wenn in einem oder mehreren Bereichen die technische Entwicklung fehlte, so war dies kein unüberwindliches Hindernis. Es ist, wie Lenin sagte: “Fehlendes kann und muß man kaufen.”101 Man kann auf eigenen Kosten eine industrielle Basis aufbauen. Das sollte Stalin beweisen.

Zu dieser Thematik passt genau, was Stalin in der “Geschichte der KPdSU(B)” schrieb:

Sinowjew und Kamenew wagten sich zwar einmal mit der Erklärung hervor, daß der Sieg des Sozialismus in der Sowjetunion infolge ihrer technisch-ökonomischen Rückständigkeit unmöglich sei, sahen sich aber dann gezwungen, sich seitwärts in die Büsche zu schlagen.”102

Aufgrund Sinowjews genereller Unehrlichkeit erscheint diese Einschätzung logisch.

Zur Frage des Aufbaus des Sozialismus in der UdSSR äußerte sich Sinowjew in der Rede wie folgt:

Wenn man uns fragt, ob wir den Sozialismus aufbauen werden, dann sagen wir, ja, wir werden ihn aufbauen. Wenn man uns fragt, wie wir ihn aufbauen werden, dann sagen wir, daß wir ihn im Bündnisse mit den Arbeitern anderer Länder aufbauen werden, daß wir ihn im Bündnisse mit der Weltrevolution aufbauen werden, und endlich, daß wir ihn aufbauen werden im Bündnis mit der Bauernschaft unseres eigenen Landes und mit den Kolonialvölkern.”103

Er meinte anschließend, dass er daran glaube, dass die Weltrevolution rechtzeitig kommen würde (dem war, wie wir wissen, nicht so). Es handelt sich hier ziemlich klar um den Punkt den Stalin kritisierte: Sinowjew vertritt die Ansicht, man könne den Sozialismus aufbauen, ohne diesen Aufbau aus eigener Kraft je zu vollenden. Er vertritt nicht eindeutig die trotzkistische Position dadurch, aber eine trotzkistische Position, die mit einem Hauch von Leninismus “vergoldet” worden ist, um seine eigenen Worte von einigen Jahren zuvor zu gebrauchen. Es ist klar, dass mit einer solchen Sicht auf den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR das Land an die Wand gefahren worden wäre.

Sinowjew sagte in seiner Rede auch: “Selbstverständlich hängt hier 99 Prozent von der Mehrheit ab.”104 Wohl wahr! Und diese Mehrheit lehnte die trotzkistische Abweichung entschieden ab, somit auch Sinowjews Ausführungen. Das konnte man auch an dieser nebensächlichen Bemerkung erkennen: Sinowjew benutzte dieses schlechte rhetorische Mittel zum Thema der “Abstraktion”:

Natürlich, wenn man von den Gesetzen der Physiologie abstrahiert, dann kann man allerdings sagen, daß Bucharin und ich noch 200 Jahre lang leben und dabei mit jedem Tag jünger und klüger werden.” Die polemische Reaktion kam als folgender Zuruf: “Sie werden nie klüger!105 Und selbst in dieser Polemik steckt Wahrheit: Sinowjew und Bucharin wandten sich schlussendlich beide nicht von ihren falschen Anschauungen ab, sondern verfolgten sie konsequent zu Ende, bis sie von Genossen mit falschen Anschauungen zu offenkundigen Konterrevolutionären wurden.

Stalin hielt am 3. November 1926 das Schlusswort der XV. Parteikonferenz der KPdSU. Natürlich kam er in dieser Rede auch wieder auf die revisionistischen Abweichungen Sinowjews und Kamenews zu sprechen.

Stalin warf Kamenew vor, “Trotzki den Weg gesäubert” zu haben, indem er Lenins Theorie vom Sozialismus in einem Lande von 1915 als für Russland nicht passend angesehen habe106. Stalin wies nach, dass Lenin die Theorie vom Hinüberwachsen der demokratischen Revolution unter Führung des Proletariats in die sozialistische Revolution vertrat, die Kamenew ablehnte107. Wieder führte Stalin an, dass Trotzki 1915 Lenins Theorie vom Sozialismus in einem Lande ablehnte und zitierte wieder aus dessen Antwortartikel auf Lenins Artikel108, der später Teil von Trotzkis Broschüre “Das Friedensprogramm” wurde. Das ist nichts Neues.

Stalin führte zu den falschen Anschauungen Sinowjews und Trotzkis zum Sozialismus in einem Lande aus:

Sinowjew, und im Verein mit ihm Trotzki, führen Zitate aus Lenins Werken an, in denen es heißt, dass der ´vollständige Sieg der sozialistischen Revolution in einem Lande undenkbar ist, dass er die aktivste Zusammenarbeit zumindest einiger fortgeschrittener Länder erfordert´, und gelangen sonderbarerweise zu dem Schluss, dass die Errichtung des Sozialismus in einem Lande über die Kräfte des Proletariats unseres Landes gehe. Aber das ist doch ein heilloses Durcheinander, Genossen! Hat die Partei jemals gesagt, dass der vollständige Sieg, der endgültige Sieg des Sozialismus in unserem Lande möglich sei und von den Kräften des Proletariats eines Landes errungen werden könne? Wo und wann wurde das gesagt – das möge man uns zeigen. Sagt denn die Partei nicht, und hat sie nicht stets ebenso wie Lenin gesagt, dass der vollständige, endgültige Sieg des Sozialismus nur nach dem Siege des Sozialismus in einigen Ländern möglich ist? Hat denn die Partei nicht Dutzende und Hunderte Male erklärt, dass man den Sieg des Sozialismus in einem Lande nicht mit dem vollständigen, endgültigen Sieg des Sozialismus verwechseln darf?

Die Partei ist stets davon ausgegangen, dass der Sieg des Sozialismus in einem Lande die Möglichkeit bedeutet, den Sozialismus in diesem Lande zu errichten, wobei diese Aufgabe mit den Kräften eines Landes gelöst werden kann, dass der vollständige Sieg des Sozialismus dagegen die Garantie gegen Intervention und Restauration bedeutet, wobei diese Aufgabe nur unter der Voraussetzung des Sieges der Revolution in einigen Ländern gelöst werden kann.”109

Dies dürfte ersichtlich sein. Für Trotzkisten jedoch offenbar nicht.

Stalin charakterisierte Sinowjew und Kamenew wie folgt:

Während Kamenew sich in seiner ganzen Rede befleißigt, Trotzki den Weg zu säubern, übernahm Sinowjew die Aufgabe, den Beweis dafür zu erbringen, dass die Führer der Opposition die einzigen Revolutionäre und einzigen Internationalisten auf der ganzen Welt seien.”110

Diese Beihilfe der beiden gegenüber Trotzki dürfte in ihren vergangenen Äußerungen mehr als ersichtlich geworden sein.

Noch eine Sache: Sinowjew führte an, dass Trotzki und Kamenew bereits “eine Reihe genauer Zitate” bezüglich der Thematik des Sozialismus in einem Lande angeführt hätten111.

Denn natürlich hielt auch Trotzki eine Rede (die in der zeitlichen Abfolge zwischen der von Kamenew und jener von Sinowjew gehalten worden ist), in der er seine eigenen Ziele verfolgte, die mit denen Sinowjews und Kamenews d´accord gingen.

Trotzki führt das Wort Lenins an112, dass “der volle Sieg der sozialistischen Revolution ,in einem Lande unmöglich ist, weil er die aktivste Zusammenarbeit mindestens einiger fortgeschrittener Länder erfordert, zu denen wir Rußland nicht zählen können.”113 Sein Versuch lag darin, den Sozialismus in einem Lande als eine Erfindung Stalins darzustellen114. Also ist der Fall klar und der Sozialismus in einem Lande unmöglich, obwohl Lenin die Theorie dazu aufgestellt hat? Natürlich nicht! Der “volle Sieg” ist der endgültige Sieg des Sozialismus. Dieser ist verständlicherweise unmöglich in einem Land allein zu erreichen, schließlich besteht die Gefahr der Restauration von außen dadurch, selbst wenn die Restauration im Inneren effektiv bekämpft werden kann. Lenin wusste, dass die bürgerlich-demokratische Revolution in keinem der “fortgeschrittensten Länder Welt” vollständig gelöst worden wäre115. Eine Fetischisierung der entwickelten kapitalistischen Länder ist damit also hinfällig.

Das Problem ist aber: Die einen zitieren diese, die anderen jene Aussagen Lenins aus dem Kontext. Stalin sagte zurecht, dass Trotzki “mit Zitaten jongliere” und damit Lenin fälsche116. Aber dennoch: Es ist notwendig, Lenins Theorie en bloc darzulegen, damit keine Missverständnisse auftreten.

Exkurs: Was bedeutet “Sozialismus in einem Lande” und was nicht?

Aus den angeführten konkreten historischen Äußerungen lässt sich sicherlich einiges entnehmen im Hinblick auf die Argumentationsweise. Was man daraus nicht entnehmen kann, ist, was die Theorie des Sozialismus in einem Lande ausmacht und was eben nicht.

Es wurde Stalin vorgeworfen, dass er den Sozialismus in einem Lande erfunden hätte und nicht Lenin. Dieser Vorwurf wird unkritisch und unüberprüft von bürgerlichen Historikern bis auf den heutigen Tag schallplattenmäßig wiederholt. Dies ist natürlich sachlich völlig falsch.

Erstmals sprach Lenin im August 1915 vom “Sozialismus in einem Lande”:

Als selbständige Losung wäre jedoch die Losung Vereinigte Staaten der Welt wohl kaum richtig, denn erstens fällt sie mit dem Sozialismus zusammen, und zweitens könnte sie die falsche Auffassung von der Unmöglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande und eine falsche Auffassung von den Beziehungen eines solchen Landes zu den übrigen entstehen lassen.

Die Ungleichmäßigkeit der ökonomischen und politischen Entwicklung ist ein unbedingtes Gesetz des Kapitalismus. Hieraus folgt, daß der Sieg des Sozialismus zunächst in wenigen kapitalistischen Ländern oder sogar in einem einzeln genommenen Lande möglich ist.”117

Wie bereits aufgezeigt, wandte sich Trotzki noch im selben Jahr gegen Lenins Theorie.

Lenin machte im Jahre 1916 eine, aus meiner Sicht, deutlichere und einprägsamere Äußerung zur selben Thematik:

Die Entwicklung des Kapitalismus geht höchst ungleichmäßig in den verschiedenen Ländern vor sich. Das kann nicht anders sein bei der Warenproduktion. Daraus die unvermeidliche Schlußfolgerung: Der Sozialismus kann nicht gleichzeitig in allen Ländern siegen. Er wird zuerst in einem oder einigen Ländern siegen, andere werden für eine gewisse Zeit bürgerlich oder vorbürgerlich bleiben.”118

Daraus wird noch klarer ersichtlich, dass der Sozialismus in einem Lande bedeutet, dass der Sozialismus sich nach siegreicher Revolution in einem Lande erst einmal eine Weile manifestiert und somit “isoliert” ist, bis die nächste revolutionäre Welle ausbricht.

Es gibt einen Satz Lenins, auf dem die Gegner des Leninismus herumreiten: “Natürlich, der endgültige Sieg des Sozialismus in einem Lande ist unmöglich.”119 Ist der Fall also klar und der Sieg des Sozialismus in einem Lande generell unmöglich? Nun, das ist nicht die Aussage, die Lenin trifft, die aber von seinen Gegnern gerne hineininterpretiert wird.

Der Sieg des Sozialismus in einem Lande ist ökonomisch möglich. Lenin schrieb 1923: “Bei einem vollständigen genossenschaftlichen Zusammenschluß stünden wir bereits mit beiden Füßen auf sozialistischem Boden.”120 Die Industrie war bereits Volkseigentum. Sollte dennoch ein “gewisses Kulturniveau” fehlen, so sah Lenin die Möglichkeit, dies nach der Revolution zu schaffen121. Er sah es nicht als notwendige Bedingung, damit überhaupt eine siegreiche Revolution stattfinden konnte.

Der “endgültige Sieg des Sozialismus” betrifft die Gefahr der Restauration des Kapitalismus, vor allem durch äußere militärische Intervention. Und die ist erst gebannt durch den Sieg der Weltrevolution. Aus diesem Grund kann es auch keinen “Kommunismus in einem Lande” geben.

Lenin sprach im März 1918 auf dem VIII. Parteitag der KPR(B):

Wir leben nicht nur in einem Staat, sondern in einem System von Staaten, und die Existenz der Sowjetrepublik neben den imperialistischen Staaten ist auf die Dauer undenkbar. Am Ende wird entweder das eine oder das andere siegen. Und bis dieses Ende eintritt, ist eine Reihe furchtbarster Zusammenstöße zwischen der Sowjetrepublik und den bürgerlichen Staaten unvermeidlich.”122

Auch Stalin war nicht naiv. Er beherzigte Lenins Lehren und warnte im April 1928:

Es wäre töricht, anzunehmen, das internationale Kapital werde uns in Ruhe lassen. Nein, Genossen, so ist es nicht. Es existieren Klassen, es existiert das internationale Kapital, und dieses kann der Entwicklung des Landes, das den Sozialismus aufbaut, nicht ruhig zusehen. Früher glaubte das internationale Kapital, die Sowjetmacht durch eine direkte militärische Intervention stürzen zu können. Der Versuch ist misslungen. Heute ist es bestrebt und wird auch in Zukunft bestrebt sein, unsere wirtschaftliche Macht durch eine nicht sichtbare, nicht immer zu bemerkende, aber ziemlich nachhaltige ökonomische Intervention zu schwächen, indem es Schädlingsarbeit organisiert, allerlei ´Krisen´ in diesem oder jenem Industriezweig vorbereitet und dadurch die Möglichkeit einer künftigen militärischen Intervention erleichtert. Hier ist alles zu einem Knoten geschürzt, zum Knoten des Klassenkampfes des internationalen Kapitals gegen die Sowjetmacht, und von irgendwelchen Zufällen kann gar keine Rede sein.”123

Hier herrscht Übereinstimmung. Ist Lenins Sicht auf den Sozialismus in einem Lande dieselbe wie die Stalins? Im Wesentlichen ist dem so.

Stalin schrieb im Februar 1926 an Pokojew: “Die Möglichkeit, den Sozialismus in unserem Lande zu errichten , und die Möglichkeit, unser Land gegen die Anschläge des internationalen Kapitals zu sichern, sind zwei verschiedene Dinge.”124 Diese Haltung vertrat er bereits in einem Brief ein Jahr zuvor125.

In “Zu den Fragen des Leninismus” führte Stalin aus:

Was bedeutet die Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande?

Das bedeutet die Möglichkeit, die Gegensätze zwischen Proletariat und Bauernschaft mit den inneren Kräften unseres Landes zu überwinden, die Möglichkeit, dass das Proletariat die Macht ergreifen und diese Macht zur Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft in unserem Lande ausnutzen kann, gestützt auf die Sympathien und die Unterstützung der Proletarier der anderen Länder, aber ohne vorhergehenden Sieg der proletarischen Revolution in anderen Ländern.

Ohne diese Möglichkeit ist das Bauen des Sozialismus ein Bauen ohne Perspektive, ein Bauen ohne die Überzeugung, dass man den Sozialismus aufbauen wird. Man kann den Sozialismus nicht bauen, wenn man nicht überzeugt ist, dass es möglich ist, ihn aufzubauen, wenn man nicht überzeugt ist, dass die technische Rückständigkeit unseres Landes kein unüberwindliches Hindernis für die Errichtung der vollendeten sozialistischen Gesellschaft ist. Die Verneinung dieser Möglichkeit bedeutet Unglauben an die Sache des Aufbaus des Sozialismus, Abkehr vom Leninismus.

Was bedeutet die Unmöglichkeit des vollen, endgültigen Sieges des Sozialismus in einem Lande ohne den Sieg der Revolution in anderen Ländern?

Das bedeutet die Unmöglichkeit einer vollständigen Garantie gegen die Intervention und folglich auch gegen die Restauration der bürgerlichen Ordnung, wenn die Revolution nicht wenigstens in einer Reihe von Ländern gesiegt hat. Die Verneinung dieses unbestreitbaren Leitsatzes bedeutet Abkehr vom Internationalismus, Abkehr vom Leninismus.”126

Die Haltung änderte sich über die Jahre nicht.

Am 12. Februar 1938 führte Stalin in einem Antwortbrief an Iwan Filippowitsch Iwanow dieselbe Argumentation erneut aus127.

Und auch auf dem XIX. Parteitag der KPdSU sprach Stalin am 14. Oktober 1952 in seiner Rede auf einer Linie mit derselben Haltung diese Worte:

Es wäre ein Irrtum zu glauben, dass unsere Partei, die zu einer mächtigen Kraft geworden ist, keine Unterstützung mehr brauche. Das wäre falsch. Unsere Partei und unser Land brauchten stets das Vertrauen, die Sympathie und die Unterstützung der Brudervölker jenseits der Grenzen unseres Landes und werden sie stets brauchen.”128

Stalin veränderte seine Haltung also kein bisschen und wich in dieser vom Leninismus nicht ab – bis zu seinem Tod, der nicht einmal ein halbes Jahr nach seiner letzten Parteitagsrede eintrat.

Es ist eindeutig: Sozialismus in einem Lande und die “permanente Revolution” bilden ein dialektisches Gegensatzpaar. Zwischen ihnen besteht ein antagonistischer Widerspruch – das heißt: Sie sind unversöhnlich.

Stalin stellte klar:

Was ist die Theorie der permanenten Revolution? Die Verneinung der Leninschen ´Theorie des Sozialismus in einem Lande´.

Was ist die Leninsche ´Theorie des Sozialismus in einem Lande´? Die Verneinung der Trotzkischen Theorie der permanenten Revolution.”129

Kurzum: Die Ablehnung des Sozialismus in einem Lande ist Antileninismus.

Also: Der Sozialismus in einem Lande war keine Theorie zur Ablehnung der Weltrevolution, sondern die Erkenntnis, dass die Weltrevolution in Wellen und nicht aus einem Guss erfolgt.

Das klägliche Ende der trotzkistischen Opposition

Nach der XV. Unionskonferenz der KPdSU war im Prinzip das Genick der Opposition gebrochen. Das heißt nicht, dass sie nicht mehr existiert hätte, nur ging sie nun ihrem Ende entgegen.

Stalin schrieb am 15. Juni 1926 in einem Brief an Molotow: “Die Partei wird bald sowohl Trotzki als auch Grischa [Sinowjew; L. M.] und Kamenew die Fresse polieren und Renegaten wie Schljapnikow aus ihnen machen.”130 Dieser Fall trat nun ein.

Auf der VII. Tagung des erweiterten EKKI der Komintern hielt Stalin am 7. Dezember 1926 eine Rede. In dieser ging er noch einmal auf die trotzkistische Abweichung in der KPdSU ein. Im Prinzip handelt es sich um keine neuen Erkenntnisse. Dennoch seien hier einige grundlegende Äußerungen angeführt.

Stalin stellte klar, dass Meinungsverschiedenheiten ausgetragen und nicht vertuscht werden dürften zu Gunsten einer “mittleren” Linie, weil dies zur ideologischen Entartung der Partei führt131.

Stalin merkte an, dass der Trotzkismus es verstehe, sich durch “´linke´ und rrrrevolutionäre Phrasen zu maskieren”132. Dem ist bis heute so.

Zum Sozialismus in einem Lande sprach Stalin:

Die erste Frage ist die Frage der Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande, die Frage der Möglichkeit des siegreichen Aufbaus des Sozialismus. Es handelt sich natürlich nicht um Montenegro, auch nicht einmal um Bulgarien, sondern um unser Land, um die UdSSR. Es handelt sich um ein Land, wo der Imperialismus bestanden und sich entwickelt hat, wo es ein bestimmtes Minimum an Großindustrie gibt, wo es ein bestimmtes Minimum an Proletariat gibt, wo es eine Partei gibt, die das Proletariat führt. Ist also der Sieg des Sozialismus in der UdSSR möglich, ist es möglich, hier den Sozialismus auf der Grundlage der inneren Kräfte unseres Landes zu errichten, auf der Grundlage der Möglichkeiten, über die das Proletariat der UdSSR verfügt?

Was aber heißt den Sozialismus errichten, wenn man diese Formel in die konkrete Klassensprache übersetzt? Den Sozialismus in der UdSSR errichten, das heißt, aus eigener Kraft im Verlauf des Kampfes unsere, die sowjetische, Bourgeoisie überwinden. Folglich läuft die Frage darauf hinaus, ob das Proletariat der UdSSR fähig ist, seine eigene, die sowjetische, Bourgeoisie zu überwinden? Wenn man also davon spricht, ob es möglich ist, den Sozialismus in der UdSSR zu errichten, so meint man damit: Ist das Proletariat der UdSSR fähig, aus eigener Kraft die Bourgeoisie der UdSSR zu überwinden? So, und nur so. steht die Frage bei der Lösung des Problems der Errichtung des Sozialismus in unserem Lande.

Die Partei beantwortet diese Frage positiv, denn sie geht davon aus, daß das Proletariat der UdSSR, die proletarische Diktatur in der UdSSR die Möglichkeit besitzt, die Bourgeoisie der UdSSR aus eigener Kraft zu überwinden.

Wenn das nicht richtig wäre, wenn die Partei keinen Grund hätten zu der Behauptung, dass das Proletariat der UdSSR fähig ist, ungeachtet der relativen technischen Rückständigkeit unseres Landes die sozialistische Gesellschaft zu errichten, so hätte die Partei keinen Grund, weiter an der Macht zu bleiben, sie müsste so oder so die Macht aufgeben und die Position einer oppositionellen Partei beziehen.”133

Es ist also klar: Wenn der Aufbau des Sozialismus in einem Lande unmöglich wäre, müsste man eben abtreten. Das wäre die logische Konsequenz. Dieser konsequenten Schlussfolgerung entzogen sich die Trotzkisten aber.

Zur ökonomischen Basis des Sozialismus sagte Stalin: “Die ökonomische Basis des Sozialismus schaffen heißt die Landwirtschaft mit der sozialistischen Industrie zu einem wirtschaftlichen Ganzen zusammenschließen, die Landwirtschaft der Führung der sozialistischen Industrie unterstellen, die Beziehungen zwischen Stadt und Land auf der Grundlage des Austauschs von landwirtschaftlichen Produkten und Industrieerzeugnissen regeln, heißt alle jene Kanäle schließen und liquidieren, mit deren Hilfe Klassen entstehen und vor allen Kapital entsteht, und letzten Endes derartige Produktions- und Distributionsbedingungen schaffen, die direkt und unmittelbar zur Aufhebung der Klassen führen.”134 Damit ist eine Planwirtschaft gemeint, die die volkseigene Industrie und kollektivierte, mechanisierte Landwirtschaft zur Grundlage hat.

Stalin sprach von der Notwendigkeit einer “Atempause” vor imperialistischen Interventionsversuchen durch ein “gewisses Minimum an internationalen Bedingungen” (sprich: Diplomatie), denn: “Um aber den Sozialismus aufzubauen, muss man vor allen Dingen existieren.”135 Diesen Fakt wollen die Anhänger der “permanenten Revolution” konsequent ignorieren.

Stalin führte auch die internationalistische Verpflichtung des siegreichen Landes, das den Sozialismus aufbaut, an, Hilfe zu leisten für den Sieg der revolutionären Bewegung in allen Ländern136. Der Sieg des Sozialismus in einem Lande ist also ein Etappensieg, kein Selbstzweck.

Stalin zitierte wieder einmal aus Lenins “Über die Losung der vereinigten Staaten von Europa” und stellte die Theorie des Sozialismus in einem Lande daraus Trotzkis Ausführungen in seinem Werk “Das Friedensprogramm” gegenüber137. Dies war nun bereits das dritte Mal, dass Stalin dies in seinen Reden tat. Und anschließend führte Stalin noch weitere Beispiele an, die im Kern keine neue Argumentation darstellen.

Bis auf einige Punkte stellte die Rede bloß eine Wiederholung dar.

Auf dieser Tagung hielten Sinowjew und Kamenew ebenfalls Reden, die sich aber, wie zu erwarten war, gegen Stalins Kurs wandten.

Am 8. Dezember 1926, also einen Tag nach Stalins Rede, meldete sich Sinowjew zu Wort. Er behauptete zu Beginn: “Ich will keinen Fraktionskampf, ich werde ihn nicht führen.” Ernst Thälmann rief dann aber dazwischen: “Aber Sie haben ihn geführt!”138 Thälmann hatte damit recht, wie man ersehen kann an den vorherigen Äußerungen der trotzkistischen Opposition. Sinowjew versuchte, wieder einmal, mit Zitatfetzen von Marx, Engels und Lenin zu “beweisen”, dass der Sozialismus in einem Lande falsch sei139.

Er behauptete, dass das Werk “Über die Losung der vereinigten Staaten Europas” von Lenin bloß ein “kleines Bruchstück” darstellen würde140. Er behauptete auch, dass Lenin statt einer Räterepublik eine “demokratische Republik” wollte, weil es dort geschrieben steht141. Sinowjew unterschlägt, dass im Jahre 1915 noch keine Rede von einer Räterepublik sein konnte und dass Lenin seine Theorie vom Sozialismus in einem Lande im Werk “Das Militärprogramm der proletarischen Revolution” von 1916 weiter ausarbeitete und dieses im September 1917, also kurz vor der Oktoberrevolution, erstmals veröffentlichen ließ. Sinowjew hängt also wieder einmal an den bloßen Buchstaben, außerhalb jeden Kontextes.

Sinowjew behauptete weiter, dass die Frage des Sozialismus in einem Lande 1923 noch nicht bestanden hätte und der Komintern erst 1926 zum ersten Mal vorgeschlagen worden wäre142. Diese Sichtweise ist, wenn man Lenins Theorie dazu betrachtet, höchst merkwürdig. Es ist eher so, dass der Sozialismus in einem Lande in dieser Zeit erstmals auf öffentlicher Ebene in Frage gestellt worden ist.

Sinowjew begann aber auch mit einer neuen Taktik: Stalin zu zitieren, um Vorwürfe gegen Stalin zu konstruieren. Er stellte zwei Zitate Stalins zum Sozialismus in einem Lande gegenüber, um zu behaupten, dass Stalin seine Meinung prinzipiell geändert hätte143. Dabei gab er selbst in “Zu den Fragen des Leninismus” (1926) zu, dass er seine Sicht auf den Sozialismus in einem Lande im Vergleich zu “Grundlagen des Leninismus” (1924) spezifiziert habe, weil diese sich aufteilt in den siegreichen Aufbau des Sozialismus in einem Lande und dem endgültigen Sieg des Sozialismus in einem Lande. Diese Thematik habe ich bereits im Theorieblock abgehandelt. Selbst wenn Sinowjew recht gehabt hätte im Bezug zu Stalin, so ändert dies nicht einen Jota an Lenins Theorie.

Insgesamt war also auch Sinowjews Rede eine Wiederholung bereits getätigter Anschauungen, aber diesmal vor einem internationalen Publikum, um dem Ansehen der KPdSU möglichst großen Schaden zuzufügen.

Kamenew meldete sich am 11. Dezember 1926 zu Wort. Seine Rede war nicht besonders lang, aber dafür umso aggressiver. Er machte gleich zu Beginn klar, dass er, Sinowjew und Trotzki gemeinsame Sache machen144. Er behauptete: “Alle diese rechten Abweichungen sind verbunden durch die Theorie des Sozialismus in einem Lande.”145 Damit warf er Stalin mit Bucharin in einen Topf. Er behauptete, dass er die “Theorie der permanenten Revolution” nicht verteidigen würde, aber warf jedem Revisionismus vor, der nicht anerkennen wolle, dass Russland nur durch die Weltrevolution zum Sozialismus gelangen könne146. Dieser Vorwurf war klar gegen Stalin gerichtet. Er schloss mit den Worten:

Die einzige proletarische revolutionäre Organisation für uns war und bleibt die Komintern, der einzige Wegweiser im Kampfe für uns ist der Leninismus.”147

Das war an Heuchelei nicht zu überbieten. Stalin kommentierte in einem Brief an Molotow vom 23. Dezember 1926, dass Kamenew eine “flegelhafte Rede” gehalten und sich außer Gefecht gesetzt habe, sodass er nicht länger dem ZK angehören würde148. Dieser Schritt erfolgte aber nicht sofort.

Stalin hielt am 13. Dezember 1926 sein Schlusswort. Natürlich ging er dabei auf die Reden von Sinowjew und Kamenew ein. Stalin merkte an, dass Kamenew für die ganze Opposition sprach, denn seine Rede sei von Trotzki, Kamenew und Sinowjew unterschrieben gewesen149. Stalin merkte ebenfalls an, dass Sinowjew Marx, Engels und Lenin wild aus dem Kontext zitiert, wie es ihm beliebt150. Das hatte er bereits in vergangenen Reden getan. Wer Interesse an den konkreten Beispielen hat, sollte die Reden von Sinowjew und Stalin lesen und ihre Textstellen nachschlagen. Es nützt wenig, dies an dieser Stelle noch einmal auszuwalzen. Stalin wehrte sich gegen den Revisionismusvorwurf gegen ihn151. Stalin zitierte noch einmal aus Lenins “Über die Losung der vereinigten Staaten von Europa”152, wies darauf hin, dass mit “demokratischer Republik” keine bürgerliche, sondern eine sozialistische Republik gemeint war und zeigte auf, dass die Räterepublik als Staatsform 1915 noch nicht bekannt gewesen sein konnte153. Das war erst der Fall in Lenins Werk “Staat und Revolution” aus dem Jahre 1917154.

Warum gehe ich auf diese Rede nur so kurz ein? Weil sie im Kern nichts Neues liefert. Die Diskussion auf der Tagung des EKKI der Komintern lieferte keine neuen Argumente, sondern machte die internen Debatten der KPdSU vor den Genossen aus aller Welt öffentlich.

Im Jahre 1927 erlebten Sinowjew und Kamenew letztlich noch ihr Waterloo. Sie beteiligten sich zusammen mit Trotzki und zehn weiteren Unterzeichnern (insgesamt also 13) an der “Plattform der Vereinigten Opposition” im Sommer 1927, die illegal verbreitet worden ist. Dort wurde weiter behauptet, dass Marx, Engels und Lenin den Aufbau des Sozialismus in einem rückständigen Lande als “unmöglich” angesehen hätten155.

Stalin kam am 23. Oktober 1927 auf dem vereinigten Plenum des ZK und der ZKK der KPdSU darauf zu sprechen. Er wies auf die Verbreitung von Materialien der Opposition hin und dass man dies nicht endlos dulden könne156. “Die Linie der Opposition ist falsch und parteifeindlich. Ihr Verhalten kann man nicht anders nennen als Spaltertum. Der Ausschluss Sinowjews und Trotzkis ist folglich der natürliche Ausweg aus der entstandenen Lage.”157 – Der Ausschluss stand nun endlich im Raum. “Der Parteitag soll entscheiden, Genossen.”158, sagte Stalin.

Das Resultat war der Ausschluss Trotzkis und Sinowjews aus dem ZK der KPdSU am 25. Oktober 1927159 und ihr Ausschluss aus der Partei am 14. November 1927160 wegen Fraktionismus. Auf dem XV. Parteitag der KPdSU im Dezember 1925 wurde der Ausschluss von Trotzki und Sinowjew bestätigt und außerdem Kamenew aus der Partei ausgeschlossen161. Damit war die trotzkistische Fraktion zumindest oberflächlich besiegt.

Auf dem XV. Parteitag der KPdSU sprach Stalin am 3. Dezember 1927. Er ließ dort nur noch einige Fakten über die Opposition, die nun besiegt war, Revue passieren. “Die Frage der Möglichkeit des siegreichen sozialistischen Aufbaus in unserem Lande. Ich werde mich nicht auf die Dokumente und Erklärungen der Opposition in dieser Frage berufen. Sie sind allgemein bekannt, und es hat keinen Sinn, sie zu wiederholen. Für alle ist es klar, dass die Opposition die Möglichkeit eines siegreichen Aufbaus des Sozialismus in unserem Lande leugnet. Indem sie aber diese Möglichkeit leugnet, rutscht sie direkt und ganz offen zum Standpunkt der Menschewiki hinab.”162, sagte Stalin. Das war also kein Thema mehr. Es war endlich durchdiskutiert, nachdem sich die Debatte mehrfach wie eine Waschmaschine im Kreis drehte.

Stalin sprach noch einmal über den Oktober 1917. Zu Sinowjew und Kamenew sagte er:

Sie wissen, dass Kamenew und Sinowjew den Aufstand mitmachten, weil man ihnen mit dem Stock drohte. Lenin trieb sie mit dem Stock an, drohte er ihnen doch mit dem Ausschluss aus der Partei, und so mussten sie sich denn zum Aufstand bequemen.”163

Zu Trotzki sagte er:

Trotzki machte den Aufstand freiwillig mit. Aber er machte nicht einfach mit, sondern mit einem kleinen Vorbehalt, der ihn bereits damals Kamenew und Sinowjew nahe brachte. Es ist interessant, dass Trotzki es gerade vor dem Oktober, im Juni 1917, für angebracht hielt, in Petrograd seine alte Broschüre ´Das Friedensprogramm´ neu herauszugeben, als ob er damit sagen wollte, dass er den Aufstand unter seiner eigenen Flagge mitmache. Was sagt er nun in dieser Broschüre? Er polemisiert dort gegen Lenin in der Frage der Möglichkeit des Sieges des Sozialismus in einem Lande, er hält diesen Gedanken Lenins für unrichtig und behauptet, man werde zwar die Macht ergreifen müssen, wenn aber die siegreichen westeuropäischen Arbeiter uns nicht rechtzeitig zu Hilfe kämen, dann wäre es aussichtslos, zu glauben, dass ein revolutionäres Rußland einem konservativen Europa gegenüber sich werde behaupten können, und wer nicht an Trotzkis Kritik glaube, der kranke an nationaler Beschränktheit.”164

Stalin zitierte auch diesmal aus dieser Broschüre Trotzkis, lieferte aber als Antwort darauf ein Zitat aus Lenins “Das Militärprogramm der proletarischen Revolution” (1916) zum Sozialismus in einem Lande165, welches im September 1917 veröffentlicht worden ist (und somit eine indirekte Antwort auf Trotzkis Neuherausgabe seiner Broschüre darstellt). Man kann ersehen, dass die trotzkistische Opposition ideologisch erledigt worden ist.

Im Jahre 1934 blickte Stalin auf dem XVII. Parteitag der KPdSU zurück auf die Kämpfe gegen die “linke “Opposition. Er sprach:

Mußte man auf dem XV. Parteitag noch die Richtigkeit der Linie der Partei beweisen und einen Kampf gegen bestimmte antileninistische Gruppierungen führen, auf dem XVI. Parteitag aber mit den letzten Anhängern dieser Gruppierungen aufräumen, so braucht man auf diesem Parteitag nichts zu beweisen, und es gibt wohl auch niemand, der geschlagen werden müßte.”166

Die “linke” Opposition der Trotzkisten und die rechte Opposition der Bucharinleute war geschlagen. Damit war die Zeit der offenen Fraktionskämpfe in der KPdSU beendet, was aber, wie sich herausstellen sollte, kein absolutes Ende von Fraktionskämpfen an sich bedeutete.

Die folgende Entwicklung bis hin zu den Moskauer Prozessen sind aber ein Themenkomplex für sich, denn von internen ideologischen Differenzen ging die Opposition dazu über, aktiv gegen die Sowjetmacht zu kämpfen. Dies stellte eine andere Qualität dar.

Schlusswort

Wie man ersehen kann, hatte Stalin recht. Ohne die Leninsche Linie vom Sozialismus in einem Lande hätte es lediglich Sozialismus in keinem Lande gegeben.

Stalin sagte völlig zurecht: “Seit dem Sieg der Oktoberrevolution können nur diejenigen Marxisten sein, die die erste proletarische Diktatur der Welt entschlossen und rückhaltlos unterstützen.”167 Die Sowjetunion war der gesunde Baum, dessen Früchte die Samen der anderen sozialistischen Staaten unter der Führung marxistisch-leninistischer Parteien in sich trugen. Was können die Trotzkisten bis auf den heutigen Tag, ein Jahrhundert nach der Ablehnung der Leninschen These des Sozialismus in einem Lande vorweisen? Kein einziges Beispiel für eine von ihnen geführte Revolution, kein Beispiel für einen von ihnen gegründeten und geführten Staat. “An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.”168, heißt es in der Bibel. Der Trotzkismus ist nichts weiter als eine verdorrte Dornenhecke, während der Marxismus-Leninismus einen saftigen Johannisbeerstrauch darstellt.

Man kann Sinowjew und Kamenew deshalb nur schönreden, wenn man nach dem Motto vorgeht, das Feliks Edmundowitsch Dzierzynski Trotzki vorwarf: “Natürlich – alles Gute geht nur von den Anhängern Trotzkis aus und alles Schlechte von denen, die mit ihm nicht übereinstimmen.”169 Das ist auch heute das Motto von Revisionisten, Renegaten und bürgerlichen Apologeten verschiedenster Couleur. Diese Sichtweise bedeutet nämlich faktisch die Ablehnung der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution wie sie war und somit auch dem Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion unter Lenin und Stalin. Das geht in der Regel einher mit der Ablehnung der sozialistischen Staaten im Allgemeinen. Sich an ihnen abzumühen ist sinnlos, sie werden ihre Meinung genauso wenig ändern wie damals Trotzki, Sinowjew und Kamenew. Was für die Werktätigen zählt, ist eine realistische Zukunftsvision. Diese kann nur den Sozialismus in einem Lande als Kern haben.

Sinowjew und Kamenew wurden unter Gorbatschow offiziell von der KPdSU-Führung rehabilitiert. Das geschah, um genau zu sein, am 13. Juni 1988. Es heißt im Bezug auf Sinowjew:

Sinowjew wurde eines der ersten Opfer der Repressalien, die in einer Zeit der Verletzung der Prinzipien des Sozialismus, der Willkür und der Zerstörung elementarer moralischer Normen ihren Anfang nahmen. Sie waren Folge der Festigung der Alleinherrschaft Stalins, des ungehemmten Personenkultes.”170

Mal abgesehen von den Moskauer Prozessen an sich sollte man sich anschauen, wie Sinowjew charakterisiert worden ist von den Gorbatschowleuten.

Seine Zwischenposition zwischen Trotzkismus und Leninismus wurde erkannt und wie folgt charakterisiert: “Die Errichtung des Sozialismus in einem Land, im konkreten Fall in der UdSSR, ist möglich, aber der endgültige Sieg sehr unwahrscheinlich.”171 Das trifft es aber nicht ganz, denn Sinowjew sah den Aufbauprozess als möglich an, aber die tatsächliche Errichtung des Sozialismus als faktisch unmöglich an. Die Gorbatschowleute untertreiben also.

Über Sinowjew als Person wurden negative Charakteristiken genannt, die tief blicken ließen:

Als Sinowjew den Bund mit Trotzki schloß, wurde eine Prinzipienlosigkeit offenbar, die sogar seine engsten Vertrauten in Verwirrung stürzte.”172

Indes war Sinowjew mit seinem Führungsanspruch, seinen Ambitionen und seiner Neigung zu Härte und Skrupellosigkeit ein Mensch, der eher Trotzki ähnelte als Kamenew.”173

Bei diesen Charakteristiken ist es fragwürdig, wieso man ihn überhaupt rehabilitierte.

Bei Kamenew wurde versucht, ihn freizusprechen vom Vorwurf des Trotzkismus. Dennoch hieß es: “Natürlich muß man zugestehen, daß der Block, den Sinowjew und Kamenew 1926/1927 mit Trotzki eingegangen waren, eine solche Annahme in gewisser Weise begründet.”174 Er war zudem mit Trotzkis Schwester Olga verheiratet, aber das tat nichts zur Sache. Dieser Bund mit Trotzki wird in seiner Bedeutung heruntergespielt und behauptet, dass er sich später von der “großen Politik” bereits “für immer zurückgezogen” hätte175 nach seinem Parteiausschluss 1927. Die Autoren der Gorbatschow-Ära wollen also allen Ernstes behaupten, dass der 44jährige Kamenew bereits in den politischen Ruhestand eingetreten sei. Das ist nicht besonders glaubwürdig und wird ohne Beweise behauptet.

Die Autoren der Gorbatschow-Ära geben Feliks Dzierzynski recht, als er Kamenew im Juli 1926 in seiner letzten Rede vorwarf: “Sie beschäftigen sich mit ´Stammtischpolitik´, aber nicht mit ihrer Arbeit!” Diese “Stammtischpolitik” sei Kamenews politischer Untergang gewesen176. Das spricht nicht gerade für Kamenew.

Man versuchte bei der Rehabilitierung Sinowjew und Kamenew als Unschuldslämmer darzustellen, nur um anhand von vielen Beispielen aufzuzeigen, wie Sinowjew und Kamenew gegen den Leninismus und die Linie der Partei agierten. Das wirkt wenig überzeugend.

Was ist von dieser Rehabilitierung übrig geblieben, außer, dass bürgerliche Autoren sich manchmal auf sie beziehen?

Es gibt heutzutage keine revisionistische Gruppierung, die sich ernsthaft auf Sinowjew und Kamenew beruft, nicht einmal unter den Trotzkisten. Trotzki hat die beiden für seine fraktionistischen Spielchen benutzt, aber die Trotzkisten von heute danken es ihnen nicht einmal. Letztlich waren ihre revisionistischen Anschauungen auch keine völlig neuen: Sie waren entweder menschewistischen oder trotzkistischen Ursprungs. So wirr wie Bucharin auch gewesen sein mag, seine revisionistischen Ideen waren wenigstens von anderem Typus und nahmen gewissermaßen Tito und Deng vorweg.

Sinowjew und Kamenew werden in der marxistischen Geschichtsschreibung auch weiterhin Bekanntheit besitzen, aber lediglich als Hindernisse auf dem Weg zum Sozialismus in der UdSSR.

3“Brief an den Parteitag” In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 36, Dietz Verlag, Berlin 1964, S. 579.

4“Brief an die Mitglieder der Partei der Bolschewiki” (31. Oktober 1917) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 26, Dietz Verlag, Berlin 1972, S. 300.

5Ebenda, S. 204.

6Ebenda, S. 207.

7Ebenda, S. 204.

8Ebenda, S. 205.

9Vgl. Brief an J. M. Swerdlow (4./5. November 1917) In: Ebenda, Ergänzungband I, Dietz Verlag, Berlin 1972, S. 468.

10Vgl. “Ausführungen in der Sitzung des ZK der SDAPR(B)” (12. November 1917) In: Ebenda, Bd. 36, Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 446.

11“Resolution des ZK der SDAPR(B) zur Frage der Opposition innerhalb des ZK” (15. November 1917) In: Ebenda, Bd. 26, Dietz Verlag, Berlin 1972, S. 271.

12Siehe: G. Sinowjew “Was ist der Bolschewismus?” In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. I, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 323/324.

13Siehe bspw.: “Das Verhältnis der Sozialdemokratie zur Bauernbewegung” (14. September 1905) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 9, Dietz Verlag, Berlin 1957, S. 232.

14“Rede des Genossen Kamenew” In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. IV, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 252.

15Rede auf der 10. erweiterten Tagung des EKKI (8. Dezember 1926) In: Ebenda, S. 428.

16“Die trotzkistische Opposition früher und jetzt” (23. Oktober 1927) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 10, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 168.

17G. Sinowjew “Bolschewismus oder Trotzkismus?” In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. II, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1975, S. 336.

18Vgl. Ebenda, S. 352.

19G. Sinowjew “Was ist der Bolschewismus?” In: Ebenda, Bd. I, S. 323.

20G. Sinowjew “Bolschewismus oder Trotzkismus?” In: Ebenda, Bd. II, S. 353.

21Ebenda, S. 389.

22Vgl. Nikolai Wassezki “Grigori Sinowjew – Seiten seines Lebens und politischen Wirkens” (1989) In: “´Unpersonen´ – Wer waren sie wirklich?”, Dietz Verlag, Berlin 1990, S. 158.

23Vgl. Ebenda, S. 159.

24Siehe bspw.: “Über die Maßnahmen zur Milderung des innerparteilichen Kampfes” (11. Oktober 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 191.

25Siehe: “Brief an den Parteitag” In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 36, Dietz Verlag, Berlin 1964, S. 580. “Ich glaube jedoch, unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer Spaltung und unter dem Gesichtspunkt der von mir oben geschilderten Beziehungen zwischen Stalin und Trotzki ist das keine Kleinigkeit, oder eine solche Kleinigkeit, die entscheidende Bedeutung erlangen kann.” – Dies soll Lenin am 4. Januar 1923 seinem Sekretär diktiert haben im Hinblick auf den Vorschlag der Abberufung Stalins als Generalsekretär wegen dessen “Grobheit”. Man sieht, dass sich Stalin diese Worte zu Herzen nahm.

26Siehe: Kamenew “Leninismus oder Trotzkismus” (18. November 1924) In: Ebenda, S. 291.

27“Über das Selbstbestimmungsrecht der Nationen” (Februar/März 1914) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 20, Dietz Verlag, Berlin 1961, S. 453.

28Siehe: Kamenew “Leninismus oder Trotzkismus” (18. November 1924) In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. II, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1975, S. 303.

29Vgl. Ebenda, S. 307.

30Ebenda, S. 308.

31Vgl. Ebenda, S. 309.

32Siehe: “Die politische Physiognomie der russischen Opposition” (27. September 1927) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 10, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 139.

33Kamenew “Leninismus oder Trotzkismus” (18. November 1924) In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. II, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1975, S. 311.

34Nikolai Wassezki “Grigori Sinowjew – Seiten seines Lebens und politischen Wirkens” (1989) In: “´Unpersonen´ – Wer waren sie wirklich?”, Dietz Verlag, Berlin 1990, S. 161.

35Vgl. G. Sinowjew “Koreferat zum politischen Bericht des ZK” In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. III, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 302.

36Ebenda, S. 305.

37Vgl. Ebenda, S. 315.

38Siehe: Ebenda, S. 306.

39“Über ´linke´ Kinderei und Kleinbürgerlichkeit” (5. Mai 1918) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 27, Dietz Verlag, Berlin 1960, S. 328.

40Vgl. G. Sinowjew “Koreferat zum politischen Bericht des ZK” In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. III, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 307.

41Vgl. Kamenews Diskussionsrede In: Ebenda, S. 372.

42Ebenda, S. 363.

43Siehe: Dmitri Schelestow “Lew Kamenew – Ein namhafter Bolschewik und Kommunist” (1989) In: “´Unpersonen´ – Wer waren sie wirklich?”, Dietz Verlag, Berlin 1990, S. 195.

44Vgl. Kamenews Diskussionsrede In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. III, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 374.

45Vgl. Bucharins Diskussionsrede In: Ebenda, S. 341.

46Zit. nach: “Zu den Fragen des Leninismus” (25. Januar 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 60. Dieses Zitat fehlt in der deutschen Übersetzung von Sinowjews Schlusswort und hätte an dieser Stelle kommen müssen: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. III, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 393/394. Im Stenogramm des Parteitags findet man aber das von Stalin angeführte Zitat im russischen Original: “XIV Съезд Всесоюзной Коммунистической Партии (Б) – Стенографический Отчет”, Государственное Издательство, Москва 1926, S. 430.

47“Über die Rolle und die Aufgaben der Gewerkschaften unter den Verhältnissen der Neuen Ökonomischen Politik” (12. Januar 1922) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 33, Dietz Verlag, Berlin 1977, S. 178.

48“Rede in der Plenarsitzung des Moskauer Sowjets” (20. November 1922) In: Ebenda, S. 429.

49Vgl. “Schlusswort zum politischen Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees” (23. Dezember 1925) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 7, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 317.

50Vgl. Ebenda, S. 317/318.

51Vgl. “Politischer Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees” (18. Dezember 1925) In: Ebenda, S. 264.

52Vgl. Ebenda, S. 265.

53“Schlusswort zum politischen Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees” (23. Dezember 1925) In: Ebenda, S. 330.

54Ebenda, S. 339.

55“Über die Möglichkeit der Errichtung des Sozialismus in unserem Lande” (10. Februar 1926) In: Ebenda, Bd. 8, S. 85.

56Zit. nach: “Zu den Fragen des Leninismus” (25. Januar 1926) In: Ebenda, S. 13.

57Ebenda.

58Siehe: Ebenda, S. 49/50.

59Siehe: Nikolai Wassezki “Grigori Sinowjew – Seiten seines Lebens und politischen Wirkens” (1989) In: “´Unpersonen´ – Wer waren sie wirklich?”, Dietz Verlag, Berlin 1990, S. 155.

60Vgl. “Zu den Fragen des Leninismus” (25. Januar 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 60.

61Ebenda, S. 61.

62Ebenda, S. 63.

63Vgl. Ebenda, S. 80.

64“Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei” (1. November 1926) In: Ebenda, S. 217/218.

65“Grundsätze des Kommunismus” (Oktober/November 1847) In: Karl Marx/Friedrich Engels “Werke”, Bd. 4, Dietz Verlag, Berlin 1960, S. 374.

66“Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei” (1. November 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 222/223.

67Hebräer 13, 8.

68Vgl. “Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei” (1. November 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 225.

69“Über die Losung der vereinigten Staaten von Europa” (23. August 1915) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 21, Dietz Verlag, Berlin 1960, S. 345.

71“Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei” (1. November 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 229.

72Vgl. Ebenda, S. 234.

73Ebenda, S. 235.

74Ebenda, S. 240/241.

75Ebenda, S. 241.

76Ebenda, S. 243.

77Ebenda, S. 242.

78Kamenews Diskussionsrede In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. IV, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 251.

79Ebenda, S. 253.

80Siehe bspw.: “Briefe über die Taktik” (April 1917) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 24, Dietz Verlag, Berlin 1959, S. 32.

81Siehe: Nikolai Wassezki “Grigori Sinowjew – Seiten seines Lebens und politischen Wirkens” (1989) In: “´Unpersonen´ – Wer waren sie wirklich?”, Dietz Verlag, Berlin 1990, S. 145.

82Vgl. Kamenews Diskussionsrede In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. IV, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 257.

83Vgl. Ebenda, S. 259.

84Vgl. Ebenda, S. 260.

85Ebenda, S. 277.

86Ebenda, S. 269.

87Vgl. Sinowjews Diskussionsrede In: Ebenda, S. 331.

88Vgl. Ebenda, S. 332.

89Vgl. Ebenda, S. 340.

90Vgl. Ebenda, S. 341.

91Vgl. Ebenda, S. 342

92Vgl. Ebenda, S. 343.

93Ebenda, S. 345.

94Vgl. Ebenda, S. 348.

95Vgl. Ebenda, S. 349.

96“Manifest der Kommunistischen Partei” In: Karl Marx/Friedrich Engels “Werke”, Bd. 4, Dietz Verlag, Berlin 1977, S. 479.

97Johannes 1, 1.

98“´Kommunismus´” (12. Juni 1920) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 31, Dietz Verlag, Berlin 1966, S. 154.

99Vgl. Sinowjews Diskussionsrede In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. III, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 351.

100“Über unsere Revolution” (Januar 1923) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 33, Dietz Verlag, Berlin 1977, S. 464.

101“An den Volkskommissar für Post- und Fernmeldewesen” (2. September 1921) In: Ebenda, Bd. 35, Dietz Verlag, Berlin 1979, S. 298.

102“Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki)”, Verlag Neuer Weg, Berlin 1945, S. 333.

103Sinowjews Diskussionsrede In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. III, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 353.

104Ebenda, S. 333.

105Ebenda, S. 352.

106Vgl. “Schlusswort zu dem Referat ´Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei´” (3. November 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 283.

107Vgl. Ebenda, S. 284/285.

108Siehe: Ebenda, S. 287.

109Ebenda, S. 292/293.

110Ebenda, S. 290.

111Vgl. Sinowjews Diskussionsrede In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. III, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 350.

112Siehe: Trotzkis Diskussionsrede In: Ebenda, S. 308.

113“Rede über die internationale Lage” (8. November 1918) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 28, Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 145.

114Siehe: Trotzkis Diskussionsrede In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. III, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1976, S. 309.

115Vgl. “Zum vierten Jahrestag der Oktoberrevolution” (14. Oktober 1921) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 33, Dietz Verlag, Berlin 1977, S. 33

116Vgl. “Schlusswort zu dem Referat ´Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei´” (3. November 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 305.

117“Über die Losung der vereinigten Staaten von Europa” (23. August 1915) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 21, Dietz Verlag, Berlin 1960, S. 345.

118“Das Militärprogramm der proletarischen Revolution” (September 1916) In: Ebenda, Bd. 23, Dietz Verlag, Berlin 1975, S. 74.

119“Bericht über die Tätigkeit des Rats der Volkskommissare” (24. Januar 1918) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 26, Dietz Verlag, Berlin 1972, S. 471.

120“Über das Genossenschaftswesen” (Januar 1923) In: W. I. Lenin “Werke”, Bd. 33, Dietz Verlag, Berlin 1977, S. 460/461.

121Vgl. “Über unsere Revolution” (Januar 1923) In: Ebenda, S. 464/465.

122“Bericht des Zentralkomitees” (18. März 1918) In: Ebenda, Bd. 29, Dietz Verlag, Berlin 1984, S. 138/139.

123“Über die Arbeiten des vereinigten Aprilplenums des ZK und der ZKK” (13. April 1928) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 11, Dietz Verlag, Berlin 1954, S. 48/49.

124“Über die Möglichkeit der Errichtung des Sozialismus in unserem Lande” (10. Februar 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 87.

125Siehe: “Brief an Genossen D-ow” (25. Januar 1925) In: Ebenda, Bd. 7, S. 14.

126“Zu den Fragen des Leninismus” (25. Januar 1926) In: Ebenda, S. 58/59.

127Siehe: “Antwort an Genossen Iwanow Iwan Filippowitsch” (12. Februar 1938) In: Ebenda, Verlag Roter Morgen, Dortmund 1976, S. 168 ff.

128“Rede auf dem XIX. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion” (14. Oktober 1952) In: Ebenda, Bd. 15, Verlag Roter Morgen, Dortmund 1979, S. 390.

129“Schlußwort zu dem Referat ´Über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei´” (3. November 1926) In: Ebenda, Bd. 8, Dietz Verlag, Berlin 1952, S. 305.

130Brief vom 15. Juni 1926 In: Stalin “Briefe an Molotow”, Siedler Verlag, Berlin 1996, S. 126.

131Vgl. “Noch einmal über die sozialdemokratische Abweichung in unserer Partei” (7. Dezember 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 9, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 4.

132Vgl. Ebenda, S. 13.

133Ebenda, S. 18/19.

134Ebenda, S. 20.

135Ebenda, S. 23.

136Vgl. Ebenda, S. 25.

137Siehe: Ebenda, S. 26/27.

138Sinowjews Rede (8. Dezember 1926) In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. IV, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1977, S. 401.

139Siehe: Ebenda, S. 403 ff.

140Vgl. Ebenda, S. 412.

141Vgl. Ebenda, S. 413.

142Vgl. Ebenda, S. 415.

143Vgl. Ebenda, S. 416/417.

144Siehe: Kamenews Rede (11. Dezember 1926) In: Ebenda, S. 479.

145Ebenda, S. 480.

146Vgl. Ebenda, S. 481.

147Ebenda, S. 482.

148Vgl. Brief vom 23. Dezember 1926 In: Stalin “Briefe an Molotow”, Siedler Verlag, Berlin 1996, S. 145.

149Vgl. “Schlusswort” (13. Dezember 1926) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 9, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 56.

150Siehe: Ebenda, S. 75 ff.

151Siehe: Ebenda, S. 84.

152Siehe: Ebenda, S. 98/99.

153Vgl. Ebenda, S. 99.

154Vgl. Ebenda, S. 99/100.

155Vgl. “Die Plattform der Vereinigten Opposition” (Sommer 1927) In: “Die linke Opposition in der Sowjetunion 1923-1928”, Bd. V, Verlag Olle & Wolter, Westberlin 1977, S. 452.

156Vgl. “Die trotzkistische Opposition früher und jetzt” (23. Oktober 1927) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 10, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 166.

157Ebenda, S. 175.

158Ebenda, S. 167.

159Siehe: “Beschlüsse des Vereinigten Plenums des ZK und der ZKK der KPdSU” In: Ebenda, S. 529.

160Siehe: “Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki)”, Verlag Neuer Weg, Berlin 1945, S. 346.

161Vgl. Ebenda, S. 350.

162“Politischer Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees” (3. Dezember 1927) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 10, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 293.

163Ebenda, S. 294.

164Ebenda.

165Siehe: Ebenda, S. 295.

166“Rechenschaftsbericht an den XVII. Parteitag über die Arbeit des ZK der KPdSU(B)” (26. 1934) In: Ebenda, Bd. 13, Dietz Verlag, Berlin 1955, S. 308.

167“Konspekt für den Artikel ´Der internationale Charakter der Oktoberrevolution´” (Oktober 1927) In: J. W. Stalin “Werke”, Bd. 10, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 148.

168Matthäus 7, 16.

169“Rede auf dem Plenum des ZK und der ZKK der KPdSU(B)” (20. Juli 1926) In: F. E. Dzierzynski “Ausgewählte Artikel und Reden”, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 368.

170Nikolai Wassezki “Grigori Sinowjew – Seiten seines Lebens und politischen Wirkens” (1989) In: “´Unpersonen´ – Wer waren sie wirklich?”, Dietz Verlag, Berlin 1990, S. 175.

171Ebenda, S. 154.

172Ebenda, S. 166.

173Dmitri Schelestow “Lew Kamenew – Ein namhafter Bolschewik und Kommunist” (1989) In: Ebenda, S. 193.

174Ebenda, S. 187.

175Vgl. Ebenda, S. 197.

176Ebenda, S. 196.

Laut Protokoll sagte Kamenew zu Dzierzinski: “Sie sind schon vier Jahre Volkskommissar und ich erst einige Monate!” Dzierzynski antwortete: “Sie könnten vierundvierzig Jahre Volkskommissar sein und werden doch nichts taugen, weil Sie sich mit Politikasterei befassen, aber nicht mit wirklicher Arbeit.” (“Rede auf dem Plenum des ZK und der ZKK der KPdSU(B)” [20. Juli 1926] In: F. E. Dzierzynski “Ausgewählte Artikel und Reden”, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 363)

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