Grundsätzliches zu Gewerkschaften

Es soll hier nicht darum gehen, ob man an der Teilnahme im sozialdemokratischen DGB und seinen Gliedgewerkschaften festhalten oder langfristig einen Neustart wagen soll. Es soll noch einen Schritt einfacher sein, nämlich, wie die Gewerkschaftsarbeit grundsätzlich aussehen sollte.

Die Gewerkschaftsarbeit sollte zu Beginn zwei wesentliche Punkte umfassen, die konsequent zu beachten sind und nicht zur Verhandlungsmasse werden dürfen, ohne in Gefahr der Selbstaufgabe zu geraten:

1. Gewerkschaften müssen klassenbewusste Organisationen des Proletariats sein.

Die Gewerkschaften sind wirtschaftspolitische Massenorganisationen der Arbeiterklasse. Entsprechend sind Einheitsgewerkschaften die beste Möglichkeit, um den Massen- und Klassencharakter zur Geltung zu bringen, um Forderungen durchsetzen zu können.

In der BRD ist die einzige organisatorisch faktisch funktionale Einheitsgewerkschaft der von der SPD dominierte DGB. Die CDU-nahe CGB (Christliche Gewerkschaftsbund) ist nicht einmal wert, als gelbe Gewerkschaft bezeichnet zu werden. Sie spielt keine Rolle und spielte es auch schon vor Jahrzehnten nicht1. Es lohnt sich nicht, sich mit diesem zu befassen. Problematisch beim DGB ist, dass die sozialdemokratische Führung entsprechend dem Dogma der „Sozialpartnerschaft“ den Klasseninteressen der Arbeiter prinzipiell zuwiderhandelt, abgesehen von relativ kleinen Kompromissen, die der Erosion des Arbeitsrechts spätestens seit dem Kabinett Schröder und der Lohnentwertung durch Inflation bloß in der Manier eines Sisyphus hinterherläuft. Das sorgt dafür, dass viele Arbeiter erst gar nicht einer Gewerkschaft beitreten. Der DGB hatte Anfang der 90er Jahre noch über 10 Millionen Mitglieder2, während es 2022 nur noch 5,6 Millionen waren3. Das sind so wenige Mitglieder, wie in den frühen 50er Jahren, als der DGB erst neu aufgebaut worden ist. 2012 waren es noch 6,1 Millionen Mitglieder4. Kurzum: Der DGB ist zwar noch der größte und einflussreichste Gewerkschaftsbund in Deutschland, aber er ist nicht mehr so bedeutsam wie früher. Das niedrige Klassenbewusstsein aufgrund der sozialdemokratischen Führung trägt sicherlich mit dazu bei, wieso sich daran sich in absehbarer Zeit nichts ändern wird. Ein Gewerkschaftsbund, der von einer neoliberalen Regierungspartei faktisch geführt wird, ist als Oppositionskraft zu deren Sozialabbau impotent, wie sich in den vergangenen 20 Jahren deutlich zeigte. Der DGB ist also der Massenbasis nach eine wirtschaftspolitische Massenorganisationen der Arbeiterklasse, aber nicht seinem Wesen nach. Das Wesen ist bürgerlich-reformistisch, also klassenversöhnlerisch. Über den Gewerkschaftsbund kann man sagen, was Attila József in anderem Kontext dichtete:

Er wird im Kampf, und, will er sich versöhnen,

an der Versöhnung sterben.“5

Entsprechend dem proletarischen Charakter der Gewerkschaften benötigen dessen Organisationen auch geschulte Kader und Mitglieder, die von proletarischem Klassenbewusstsein durchtränkt sind, um von der Bourgeoisie nicht genasführt zu werden, wie es seit Jahrzehnten durch die „Sozialpartnerschaft“ faktisch geschieht. Das Werk „Lohn, Preis und Profit“ von Karl Marx sollte Pflichtlektüre eines jeden Gewerkschafters sein, um zumindest die ökonomischen Grundsätze des gewerkschaftlichen Kampfes erfassen zu können. Ohne dieses Wissen ist Klassenkampf unmöglich. Der gewerkschaftliche Kampf ist nichts anderes als Klassenkampf.

Klassenkampf wird als „veraltet“ abgetan durch die bürgerliche Propaganda. Warren Buffet ist aber ein Beispiel eines ehrlichen Kapitalisten, der dessen Existenz 2006 in einem Interview mit der New York Times zugab: „Es gibt Klassenkrieg, das stimmt, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die den Krieg macht, und wir sind am gewinnen.“6 Die Bourgeoisie ist also klassenbewusst – sind wir es auch?

2. Gewerkschaften müssen den Klassenkampf auf wirtschaftlichem Gebiet führen.

Gewerkschaften haben den Klassenauftrag, den wirtschaftspolitischen Klassenkampf zu führen. Dafür braucht es ein klares Ziel, nicht prinzipienlosen Pragmatismus. Marx sah die Abschaffung der Lohnarbeit als Zielsetzung für die Gewerkschaften an, nicht bloß höhere Löhne7. Das ist das Endziel, was Marx beschrieb. Es ist einige Jahrzehnte her, da forderte die IG Metall noch die Vergesellschaftung und Planung zumindest bestimmter Wirtschaftsbereiche. So zum Beispiel auf dem VII. Gewerkschaftstag der IG Metall im September 1962, auf welchem solche Forderungen ins Grundsatzprogramm aufgenommen worden sind8, nachdem sie Otto Brenner in seiner Rede angesprochen hatte9. Auch auf dem VIII. DGB-Bundeskongress im Juni 1972 wurde es thematisiert, Schlüsselindustrien und Monopolkonzerne in Gemeineigentum zu überführen10. Das wäre zwar noch kein Sozialismus gewesen, aber diese Forderungen entsprachen den wirtschaftspolitischen Notwendigkeiten einer Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus.

Um die Arbeiterklasse an das sozialistische Ziel heranzuführen benötigt es aber Lohnkämpfe, die die Lebenshaltung verbessern, aber auch zu einer gewissen Frustration mit dem Katz-und-Maus-Spiel zwischen Inflation und Lohn führen.

Die von neoliberalen behauptete „Lohn-Preis-Spirale“ ist in Wahrheit eine Preis-Lohn-Spirale11, wenn man sich die wirtschaftlichen Kausalitäten anschaut. Forderungen nach höherem Lohn sind ein bloßes Streben nach einer Kompensation für Reallohnverlust durch Inflation. Besonders in der jetzigen Krisensituation gibt es dafür einige Beispiele.

Eins dieser Beispiele ist der Poststreik. Die Verdi-Mitglieder haben einen unbefristeten Post-Streik beschlossen um eine 15%ige Lohnsteigerung zu erringen. Der FDP-Politiker Reinhard Houben bezeichnet den Streik als „nicht gerechtfertigt“12. Das ist bei einer neoliberalen Partei als Statement nicht verwunderlich. Problematisch ist, wenn manche Werktätige auf solches Gerede im Sinne der Bourgeoisie hören und auf ihre eigenen Interessen verzichten.

Diese Probleme zeigen, dass es durchaus reale ökonomische Klassenkämpfe gibt, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage in der heutigen Krisensituation immer offener ausgetragen werden. Bernard Shaw behauptete, dass das Interesse am Sozialismus mehr durch die freie Partnerwahl komme als durch Marx´ wirtschaftliche Theorien13. Diese Theorie ist offensichtlich falsch, und dennoch gelangten derartige Anschauungen Jahrzehnte nachdem Shaw diese Aussage tätigte während der 68er Zeit in die Köpfe der damaligen „Neuen Linken“, welche das linke politische Spektrum in der BRD bis heute negativ beeinflussen. Matthias Horx schrieb Mitte der 80er Jahre zurecht in einem Buch über das, was von den 68ern übriggeblieben ist: „Der Abschied von der Revolution begann im Grunde schon, als das Individuum ins Zentrum der Politik geriet.“14 Dies ist das Problem, was eine große Minderheit in unseren Kreisen hat: Die Überbetonung von Nebenkriegsschauplätzen, die rein gar nichts mit dem Klassenkampf zu tun haben. Der Klassenfeind, die Bourgeoisie, gerät über persönliche Neigungen in Vergessenheit.

Es darf nicht aus den Augen verloren werden, wo der Feind steht. Ein neoliberaler Politiker und dessen Partei ist ein Sprachrohr der Bourgeoisie, aber nicht sie selbst. Deshalb nützt es recht wenig, sich an einzelnen bürgerlichen Politikern abzuarbeiten. Gerhard Schröder zum Beispiel ist das Sinnbild eines deutschen Chicago-Boys, der viel Hass auf sich geladen hat von Seiten der Werktätigen und dessen neoliberale Reformen vom bürgerlichen Spektrum in den Himmel gelobt werden. Dennoch würde es sich nicht lohnen, ihn als Person zu attackieren. Nicht einzelne Politiker machen Politik, sondern die großkapitalistischen Hintermänner. Die Regierung ist die Hand der Bourgeoisie, aber nicht deren Hirn.

Die Kapitalisten haben eigene wirtschaftspolitische Organisationen. Diese sind aber weitaus weniger bekannt.

Die Bourgeoisie hat auch ihre Interessenvertretungsorganisationen.

In Unternehmerverbänden organisiert sich die Bourgeoisie auf wirtschaftspolitischem Gebiet selbst. In Hessen gibt es zum Beispiel die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände. Diese sind den Gewerkschaften diametral entgegengesetzt in ihren Interessen.

Volker Fasbender, ehemaliger Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, sagte 2016 in einem Interview: Verbandsengagement kostet Unternehmer Zeit. Man muss Flagge zeigen und erntet dafür gelegentlich harschen Widerspruch bis hin zu Warnstreiks.“15 Es geht dabei um Unternehmerverbände. Der Interessenwiderspruch wird hier deutlich gekennzeichnet durch Fasbender. Dieser spiegelt sich auch in konkreten Anschauungen wider.

Im Bezug auf die wirtschaftspolitischen Vorstellungen haben diese etwa diesen Tenor: Die hohe Kunst ist es, den wirtschaftlichen Erfolg zu verteidigen und die Arbeitnehmer trotzdem fair zu behandeln.“16 Als „fair“ gilt dabei, möglich niedrige Löhne durchzusetzen. Ein Tarifabschluss von 1995, der 10% mehr Lohn bedeutet habe, bezeichnete er als ein „Desaster“ und verwies auf Outsourcing von Arbeitskräften. Diese wäre aber sicherlich ohnehin geschehen, da selbst niedrige Löhne in Deutschland noch „zu teuer“ sind im Vergleich mit den Lohnverhältnissen in Schwellenländern. Auch Fasbenders Amtsvorgänger Anton Graf von Magnis war in den späten 90ern die Arbeitskraft in Deutschland „zu teuer“ und forderte, dass die Arbeitskosten um 20% bis 30% gesenkt werden „müssten“, „möglicherweise mit realen Lohnsenkungen“17. Robert Kurz dokumentierte in seinem „Schwarzbuch Kapitalismus“ jedoch, dass die Lohnquote in der BRD im Jahre 1998 die niedrigste seit 1949 gewesen sei18. Es handelt sich also um die übliche Behauptung, dass Löhne „zu hoch“ seien, die der Logik entspricht, dass ein theoretischer Lohn von null den gesamten Neuwert zu Mehrwert verwandeln würde. Es steckt bloße Profitmaximierungslogik dahinter, nach welcher jeder Euro Lohn genau dieser Euro zu viel sei. Das kann man nicht auf die persönliche Ebene abschieben, wie es einige Moralisten tun, als sei Ausbeutung nur, wenn jemand „besonders wenig“ Lohn erhalten würde etwa. Es ist wie Attila József einst dichtete:

Der Arbeiter hat immer nur den Lohn,

den er sich selbst erzwungen hat von oben.“19

Aber auch in einer Weise des ideologischen Bekenntnisses äußerte sich Fasbender im Jahre 2016: „Ich bin ein Fan von Ludwig Ehrhard [Sic!] und der Sozialen Marktwirtschaft. Erhard schaffte die zentrale Lenkung der Wirtschaft ab und ermöglichte das Wirtschaftswunder.“20 Fasbender reproduziert unreflektiert einen Mythos. Die Wahrheit war eine andere. Es stimmt, dass Erhard sich für die Marktwirtschaft in der frühen BRD einsetzte. Dass aber eine zentrale Lenkung der Wirtschaft abgeschafft worden wäre, ist nicht völlig richtig. Die Preisbindung von Nahrungsmitteln wurde im Frühjahr 1950 abgeschafft, nur damit im Juni 1950 ein Gesetz eingeführt worden ist, das die Preise von Brot, Mehl und Kleingebäck subventionierte, weil die Preise einen starken Anstieg verzeichneten21. Markt und Preise unterlagen einer Beobachtung durch den Preisrat in der damaligen Zeit22. Jörg Roesler konstatierte, dass die Regierung Adenauer gegen „zuviel Marktwirtschaft“ gewesen sei23, sodass Erhards Wirtschaftspolitik nicht vollständig eingeführt worden ist. Die BRD benötigte sozialstaatliche Maßnahmen, um mit der sozialistischen DDR in Systemkonkurrenz zu treten. Solche Maßnahmen waren nicht Teil von Erhards ursprünglichen Plänen. Was Roesler auf der rein historischen Ebene ansprach, wies Robert Kurz in seinem „Schwarzbuch Kapitalismus“ nach. So stellte sich das Wachstum des Bruttosozialprodukts in der BRD zwischen 1951 und 1980 folgendermaßen dar24:

1951 1955 1960 1965 1967 1970 1975 1980
BRD 9,4% 11,8% 8,8% 5,3% -0,2% 5,0% -1,3% 1,0%

Im selben Zeitraum halbierte sich die Nettoinvestitionsquote am Anteil des Bruttosozialprodukts in der BRD25. Ein Sinken der Wachstumsgeschwindkeit war in der gesamten westlichen, also kapitalistischen Welt zu verzeichnen26. Zwischen 1958 und 1975 wuchs die Industrieproduktion der kapitalistischen Staaten um 130%, zwischen 1975 und 1987 aber lediglich noch um etwa 25%27. Die unmittelbare Nachkriegsperiode beinhaltete also einen wirtschaftlichen Boom. Und dieser Boom war nicht einmal selbsttragend. Bis zum Jahre 1963 stiegen die öffentlichen Investitionen in der BRD auf einen Wert von 30 Milliarden D-Mark28, welche nicht aus den laufenden Staatseinnahmen gedeckt werden konnten, also keynesianistisches „Deficit Spending“ waren29. Da wundert es wenig, wenn Kurz konstatiert, dass Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“ nicht eine umfassende Realität gewesen sei30. Ludwig Erhard war als Bundeskanzlernachfolger von Adenauer zwischen 1963 und 1966 ausgerechnet an einer aufkommenden Wirtschaftskrise gescheitert und zum Rücktritt genötigt31. Daran kann man erst recht erkennen, dass die Nachkriegswirtschaft der BRD in den 50er Jahren wenig mit der „großen Weisheit“ eines Mannes zu tun hatte, als viel mehr der damaligen Lage im kriegszerstörten Deutschland. Ludwig Erhard ist also weit davon entfernt ein „Wirtschaftsgenie“ zu sein, wie ihn die Staatspropaganda der BRD darzustellen versucht. Man muss solchen neoliberalen Legenden offensiver entgegentreten, sie zerplatzen wie Seifenblasen. Darin spiegeln sich verschiedene Klasseninteressen wider, die entgegengesetzt sind.

Anton Graf von Magnis gab zu, dass die Interessen von Gewerkschaften und Unternehmern diametral entgegengesetzt sind32. Die Unternehmerverbände sind ihm zufolge für die Vertretung der Interessen der Privatwirtschaft zuständig und würden sich an marktwirtschaftlichen Grundsätzen orientieren33. Daran erkennt man, dass die Unternehmerverbände der Stabilisierung der kapitalistischen Ordnung dienen und die Bourgeoisie ihre eigenen Klasseninteressen klar äußert.

Anton Graf von Magnis lehnte es außerdem ab, Ehrenamt zu vergüten, weil dadurch ein „schlecht bezahlter Job“ entstehen würde34. Das ist eine faule Ausrede, um ehrenamtliche Arbeit nicht anzuerkennen. Deutschland beruht viel auf Ehrenamt, angefangen bei den Feuerwehren. Aus beruflichem Druck heraus und/oder aufgrund der mangelnden Anerkennung durch die Gesellschaft, sowohl psychologisch als auch materiell, sinkt die Bereitschaft zum Ehrenamt immer weiter. Die Bourgeoisie ist nicht einmal bereit, das Ehrenamt als einen „schlecht bezahlten Job“ zu vergüten, sondern nur, es kostenlos nutzen zu dürfen. Sie melkt also eine Kuh, ohne sie zu füttern, und wird sich dabei noch wundern, wenn diese am Hunger verendet ist. Heute, mehr als 25 Jahre nach der Äußerung von Magnis, ist das Ehrenamt in Deutschland in einer schwierigen Situation: Immer weniger Menschen engagieren sich ehrenamtlich. Eines der Probleme liegt in der mangelnden Anerkennung. Der Sozialverband VdK forderte im Dezember 2021, dass man materielle Anreize für die Übernahme eines Ehrenamtes schaffen sollte35. Noch immer ist in dieser Hinsicht auf größerer Ebene nichts geschehen. Die Zustände sind noch immer wie von Magnis sie sich wünschte.

Genauso forderte von Magnis eine „Senkung der Lohnzusatzkosten“ durch Erhöhung der Eigenbeteiligung und eine „Einschränkung des Missbrauchs“, die für ihn bereits darin besteht, überhaupt Arbeitslosengeld und Sozialhilfe zu beantragen – diese sieht er nämlich als „in vielfacher Hinsicht unsinnig“ an, weil dadurch Leute Geld bekämen, ohne zu arbeiten36. Von Magnis tut so, als würde jeder, der wollte, einen Job bekommen. Von Magnis behauptete: „Wenn in unserem Land viele Arbeitswillige keine Arbeit finden, so liegt es keineswegs daran, dass es zu wenig zu tun gäbe, es liegt daran, dass in unserem Land die Arbeitskosten auf eine Höhe gestiegen sind, die eine Beschäftigung aller unmöglich machen.“37 Man ersieht, dass er anerkennt, dass nicht jeder einen Arbeitsplatz unter kapitalistischen Bedingungen erhält. Seine Begründung ist erlogen, denn selbst in sogenannten „Billiglohnländern“, also Kolonien und Halbkolonien, besteht keine Vollbeschäftigung, obwohl die Arbeitskraft dort so günstig ist. Sein Motto ist offensichtlich „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen.“. Dieses neoliberale Mantra vertrat auch der SPD-Politiker Müntefering, der mit an Hartz IV gearbeitet hat38. Manche, die dieses Mantra vertreten, berufen sich scheinheilig auf die Bibel. Aber selbst dort steht einschränkend geschrieben: „Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen.“39 Die unverschuldete Arbeitslosigkeit des Kapitalismus fällt da nicht drunter. Das neoliberale Mantra, gesamtgesellschaftliche Probleme als Probleme einzelner Individuen zu betrachten, ist bezeichnend für ein gescheitertes System.

Aus marxistischer Sicht sind diese Ausführungen völlig trivial. Für das durchschnittliche Gewerkschaftsmitglied sind sie aber heutzutage kein Usus mehr. Das Gerede von „Sozialpartnerschaft“ über die vergangenen Jahrzehnte, die bürgerliche Propaganda und der offene Verrat an den Arbeiterinteressen durch sozialdemokratische Gewerkschafter haben ein ideologisches Trümmerfeld hinterlassen. Hoffentlich tragen die obigen Ausführungen dazu bei, Orientierung in der Gewerkschaftsfrage zu erlangen.

1 Siehe: „Gewerkschaften und Mitbestimmung“, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1978, S. 244.

5 „Verspätetes Klagelied“ (1935) In: Attila József „Gedichte“, Corvina Verlag, Budapest 1978, S. 128.

7 Karl Marx „Lohn, Preis und Profit“ (Mai/Juni 1865) In: Karl Marx/Friedrich Engels „Werke“, Bd. 16, Dietz Verlag, Berlin 1962, S. 152.

8 Vgl. „Entschließung: Organisationsreform und Grundsatzprogramm (Auszug)“ In: „Gewerkschaften und Nationalisierung in der BRD“, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1973, S. 120.

9 Siehe: Otto Brenner „Tätigkeitsbericht – Allgemeine Gewerkschafts- und Wirtschaftspolitik (Auszug)“ In: Ebenda, S. 113.

10 Vgl. „Antrag: Verwirklichung des DGB-Grundsatzprogramms“ In: Ebenda, S. 143.

11 Vgl. „Aktuelle Gewerkschaftsfragen und Betriebsratswahlen“ (16. Februar 1965) In: Otto Brenner „Ausgewählte Reden 1946-1971“, Steidl Verlag, Göttingen 2007, S. 321.

13 Vgl. „Die einfache Wahrheit über den Sozialismus“ (9. Dezember 1910) In: Bernard Shaw „Der Sozialismus und die Natur des Menschen“, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1973, S. 135.

14 Matthias Horx „Das Ende der Alternativen“, Wilhelm Heyne Verlag, München 1987, S. 118.

16 Ebenda.

17 Vgl. „Neue Tendenzen im strukturellen Wandel der Wirtschaftsverbände“ (1993/1996/1997) In: Anton Graf von Magnis „Unternehmen als Verantwortung“, Deutscher Instituts-Verlag, Köln 2000, S. 18.

18 Vgl. Robert Kurz „Schwarzbuch Kapitalismus“, Ullstein Verlag, Berlin 2003, S. 777.

19 „Mein Vaterland“ (1937) In: Attila József „Gedichte“, Corvina Verlag, Budapest 1978, S. 171.

21 Vgl. Jörg Roesler „Die Wiederaufbaulüge der Bundesrepublik“, Karl Dietz Verlag, Berlin 2008, S. 82.

22 Siehe: Ebenda, S. 83.

23 Vgl. Ebenda, S. 85.

24 Vgl. Robert Kurz „Schwarzbuch Kapitalismus“, Ullstein Verlag, Berlin 2003, S. 673.

25 Vgl. Ebenda, S. 675.

26 Vgl. Ebenda, S. 674.

27 Vgl. Ebenda, S. 675.

28 Vgl. Ebenda, S. 676.

29 Vgl. Ebenda, S. 677.

30 Vgl. Ebenda, S. 673.

32 Vgl. „Neue Tendenzen im strukturellen Wandel der Wirtschaftsverbände“ (1993/1996/1997) In: Anton Graf von Magnis „Unternehmen als Verantwortung“, Deutscher Instituts-Verlag, Köln 2000, S. 21.

33 Vgl. „Die Gesellschaftspolitik der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände und die Arbeit mit den wichtigsten Partnern“ (1996) In: Ebenda, S. 24.

34 Vgl. „Ehrenämter in der Wirtschaft“ (1996) In: Ebenda, S. 32.

36 Vgl. „Arbeit der Zukunft – aus der Sicht der Arbeitgeber“ (1993/1999) In:

Anton Graf von Magnis „Unternehmen als Verantwortung“, Deutscher Instituts-Verlag, Köln 2000, S. 41.

37 „Arbeitszeitmodelle aus unternehmerischer Sicht – Vorbild für die Schule?“ (1997) In: Ebenda, S. 45.

39 2. Thessalonicher 3, 10.

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