„Jeder, der dieses Land liebt und sich deutsch nennen will, gehört hier hin“

Verehrte Leser, im Nachfolgenden bieten wir ein Interview mit dem Genossen Belisarius dar über einige aktuelle Themen.

In der letzten Zeit ist einiges passiert im Bezug zur Migrationsfrage. Was ist deine Meinung zu den „Remigrationsplänen“ der Rechtsextremen?

Dazu kann ich nur sagen: Die Pläne betreffen mich und meine Familie persönlich. Das zeigt ihre chauvinistische Ideologie. Ich bin zwar kein „Biodeutscher“, aber ich liebe dieses Land, ich bin hier aufgewachsen und habe deutsche Freunde, die ich Brüder nennen kann. Selbst meine Familie lebt in diesem Land und liebt es. Meine Mutter zum Beispiel liebt Deutschland sehr. Meine kleine Schwester liebt dieses Land auch und hat hier Möglichkeiten bekommen, die ihr in einem islamischen Land verwehrt geblieben wären, vor allem wegen ihrer Behinderung. Wir haben uns hier eine Familie aufgebaut, so geht es auch vielen deutschen Familien. Ich sage deutsche Familien, da sie deutsch sind und nicht unbedingt „biodeutsch“ sein müssen.

Ich finde diese Pläne also nicht gut, da sie jeden mit einschließen. Aber generell sollten Islamisten-Flüchtlinge abgeschoben werden und jeder, der Deutschland als einen „Kackhaufen“ ansieht.

Das Problem ist also nicht, dass solche Pläne existieren, sondern deren Undifferenziertheit?

Ja. Wenn wir ein sozialistisches Deutschland haben wollen, ist es nötig, Islamisten und Flüchtlinge, die sich nicht benehmen können, wegzubringen. Man muss unterscheiden zwischen Migranten, Islamisten und Flüchtlingen die Probleme machen – die gibt es selbstverständlich – und Leuten, die wirklich hier ein besseres Leben aufbauen wollen, dieses Land lieben und dieses Land bereichern wollen mit der guten Seite der von ihren Eltern vermittelten Kultur. Nationalismus ist ja nicht unbedingt schlecht, es kommt auf die Form an. Wir brauchen patriotische Leute für den Sozialismus.

Der Chauvinismus ist aber ein Problem.

Ja klar, man kann das aber differenzieren. Ich bin ja selber ein Schwarzkopf. Als Kommunist unterstütze ich keine chauvinistische Ideologie. Jeder, der dieses Land liebt und sich deutsch nennen will, gehört hier hin.

Was hältst du von den aktuellen Protesten?

Ich finde diese Proteste heuchlerisch, letztendlich stärken die nur die AfD. Wo sind die Proteste gegen die derzeitige Migrationspolitik? Da sind die Leute ruhig.

Die AfD nahm aber in den letzten Wahlumfragen ab. Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat davon profitiert.

Das liegt daran, dass die Leute eine Alternative wollen und die AfD das Flüchtlingsthema nur zu ihrem Thema gemacht hat. Das BSW hat diese Frage auch angesprochen, sodass nun auch eine linke Partei da ist, die das anspricht.

Die Leute sind oft nicht rechts, sondern konservativ. Eine linke Partei mit konservativen Werten hat offenbar Potenzial.

Ich meine, unser Ziel ist es, der Arbeiterklasse zu dienen. Das BSW ist natürlich eine sozialdemokratische Partei, aber es zeigt, dass die Leute offen für eine sozialistische Ökonomie sind, eine Alternative zum jetzigen System. Natürlich, wie gesagt, ist das BSW nicht sozialistisch oder gar kommunistisch, aber es zeigt, dass konservative Themen wichtig für die Bevölkerung sind und dass durch diese Themen für uns ein Weg an die Massen heran führt. Ich nenne mal die Frage der Flüchtlinge und des Krieges Russlands gegen die Ukraine. Das sind Themen, die die Werktätigen beschäftigen und es zeigt, dass die Leute allgemein nicht rechts sind, sondern konservativ und vor dem BSW keine Alternative hatten.

Eine letzte Frage zum Abschluss: Kann es sein, dass Deutsche mit Migrationshintergrund nüchterner bzw. realistischer auf die Frage der Migration und Flüchtlinge schauen?

Ich würde sagen, zumindest diejenigen, die sich integrieren konnten und das Land Deutschland als ihre Heimat ansehen. Es gibt viele Migrantenfamilien, die seit zwei Generationen hier leben, die auch die Probleme der Flüchtlingspolitik der Regierung sehen und es am eigenen Leib spüren. Sie fühlen sich auch nicht mehr sicher, sie sind genau so Bürger wie alle anderen, schauen die Nachrichten und sehen was, in der Stadt abgeht. Es macht ihnen Sorgen und wenn Leute sagen, dass es früher schon vor den Flüchtlinge, Probleme gab oder Kriminalität: Ja klar gab es das, wird es im Kapitalismus auch immer viel geben, aber besonders seit Sommer 2015 merkt man einen Anstieg dieser Sachen im dramatischen Stil. Mein Vater sagte mir mal vor Monaten in einem Gespräch, dass er sich sogar nicht mehr nachts traue rauszugehen. Jetzt stell dir mal vor, wie es ist, für die Familie mit einer Tochter, wie bei uns. Wenn meine kleine Schwester draußen ist, machen wir uns immer Sorgen. Früher war das nicht so, das sage ich nicht aus Hysterie.

Das werden aber einige Leser behaupten.

Die Süddeutsche Zeitung wurde erst kürzlich dafür gerügt, dass sie die Kriminalität von Flüchtlingen im Bezug auf Messerangriffe heruntergespielt habe1. Die Thematik wurde schon viel zu lange heruntergespielt. Die Herkunft der Täter wird meist anonymisiert.

Wieso halsen sich viele Genossen das Flüchtlingsthema überhaupt auf? Ist es nicht Aufgabe eines Kommunisten, die Spaltung der Arbeiterklasse untereinander aufzuhalten, indem wir dieses Thema ansprechen und das werktätige Volk damit helfen, seine Ängste ernstzunehmen, mit ihnen zu sprechen, den Ursachen nachzugehen, ihren Wünschen nachzugehen? Oder ist es die Aufgabe der Kommunisten, Flüchtlingen das Leben einfach zu machen und Probleme schönzureden? Als Kommunist ist man Internationalist, ja, aber wenn man seine eigene Heimat nicht liebt und verbessert, wird es nie irgendwo eine erfolgreiche sozialistische Revolution geben. Man muss dieses Thema ernst nehmen, da man auch die Wirkung dieser Politik seit dem Sommer 2015 sieht. Der Staat fördert dadurch auch die Spaltung der Werktätigen; der Staat sieht die Probleme, aber drückt beide Augen zu, weil es ihnen was bringt, mit billigen Arbeitskräften und Spaltungen der Arbeiter. Anstatt zu sehen, dass der Kapitalist der Feind, ist schaut man dann lieber untereinander und deswegen ist es dem Staat der BRD scheißegal, was an Kriminalität oder sogar Vergewaltigungen passiert. Schaut man sich die Statistiken an, sind dabei Flüchtlinge überrepräsentiert. Die Süddeutsche Zeitung wurde gerügt, weil sie das Gegenteil behauptet hat.

Wir müssen endlich raus aus dieser liberalen Haltung und endlich mal ernst werden – es offen ansprechen untereinander und unter den Massen!

Das war ein ernstes Schlusswort. Vielen Dank für deine Antworten.

//