Martin Andersen Nexö – Ein großer Freund des deutschen Volkes

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Martin Andersen Nexö verbrachte seinen Lebensabend 1951 bis 1954 in der DDR, in Dresden. Das war ein Akt der Freundschaft und Verbundenheit dieses großen dänischen Schriftstellers und Kommunisten zum sozialistischen Deutschland und dem werktätigen deutschen Volk. Seine Freundschaft zu Deutschland ist eine große Hand eines kleinen Volkes, die uns stellvertretend für das dänische Volk gereicht wurde. Aber das Ende eines Prozesses ist nicht sein Anfang. Man erlaube mir nun, ein paar Beispiele seiner Freundschaft zum deutschen Volke aufzuzeigen.

Schon als Kind und später als junger Mann hegte Nexö keinen Hass auf Deutschland, trotz des Krieges 1864. Seine Mutter erzählte ihm nämlich, dass ihr Großvater Deutscher war und die Deutschen deshalb nicht schlimm sein könnten. Als Nexö ein junger Bauhandwerker wurde, kam ein deutscher Glasergeselle zu einer Baustelle zur Installation von farbigen Fenstergläsern, weil sie in Dänemark dafür keine Fachleute hatten. Dieser Glasergeselle brachte Nexö auf den Pfad des Sozialismus1. Das prägte seine Freundschaft zur deutschen Nation. Selbst im Zweiten Weltkrieg war Martin Andersen Nexö den deutschen Werktätigen verbunden. Im Herbst 1944 schrieb Nexö über die Bedeutung Deutschlands für Dänemark: „Wir Dänen werden nie vergessen – trotz der Gefahr, die Deutschland uns gewesen ist –, daß wir unsere fruchtbarsten Impulse wie die Reformation, das alte Handwerk mit seinem Zunftwesen, die Arbeiterbewegung, ja sogar das Meiereiwesen aus Deutschland erhalten haben.“2 Nexö machte gegenüber einem sozialdemokratischen Freund klar, dass der Hitlerfaschismus keine „besondere deutsche Erscheinung“ war, sondern die Konsequenz aus dem Kapitalismus und Großbritannien ihn unter Chamberlain unterstützte3. Dennoch war er alles andere als unkritisch gegenüber Mäkeln der deutschen Mentalität. So kritisierte er in einem Brief vom Herbst 1944 an deutsche Antifaschisten im Exil: „Mut – der persönliche Mut, der Mut, mit seiner Sache zu stehen und zu fallen – war bislang nicht des Deutschen Sache. […] In Stutthof weigerten sich die dänischen Gefangenen, zur Verbrennung russischer und polnischer Gefangener Hand anzulegen. Auf Gehorsamsverweigerung stand die Todesstrafe, aber sie weigerten sich trotzdem – zum größten Erstaunen ihrer deutschen Wächter. Mut gehört dazu, wenn man ein frei denkender und verantwortlicher Mensch sein will. Es kann das Leben kosten – das eigene, heißt das; aber das ist der Preis, ein Mitmensch zu sein!“4 Der Kadavergehorsam gegenüber Autoritäten, das Preußentum, war ein großes Problem. Und da es nie wirklich überwunden worden ist, sogar bis heute. Statt für etwas einzustehen, nach oben zu buckeln, rückgratlos zu kriechen, sich verheizen zu lassen, aus Angst vor Konsequenzen und dabei die größte Konsequenz zu sehen: Die des passiven geschehen lassen. Dieses Verhalten hat einen Namen: Opportunismus. Nexö traf hier einen wunden Punkt, seine Kritik hat ihre Berechtigung. Dennoch hatte er gewisse falsche Ansichten zur deutschen Nationalfrage, wie zum Beispiel die falsche Ansicht, dass Österreich nicht deutsch sei5 und die Beschimpfung der Sudetendeutschen als „Ratten“6. Nexös Anschauungen waren also nicht immer korrekt, aber sie verkörpern das Beste, was die dänische Arbeiterbewegung zu bieten hatte. Er nahm klar Partei für die DDR, als sie gerade erst gegründet worden war: „Die Deutsche Demokratische Republik ist Grenzland, hier steht der Kampf zwischen der alten Zeit und der Zukunft.“7 Im September 1948 sagte er in einer Rede vor dem Dietz Verlag: „Wir brauchen das deutsche Volk draußen in der Welt und können es nicht entbehren.“8 Eine klarere Stellungnahme für die Freundschaft zum deutschen Volke kann man nicht machen. Im Juli 1949 drückte Nexö gegenüber Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl seine Freundschaft abermals zum Ausdruck9.

Die Freundschaft Nexös zum deutschen Volk ist nicht als reines Privatvergnügen anzusehen, sondern als Fanal der Freundschaft zwischen dem deutschen und dem dänischen Volk. Stalin sagte einmal über die Beziehungen zwischen großen und kleinen Völkerschaften: Viele glauben nicht daran, daß zwischen einer großen und einer kleinen Nation auf Gleichberechtigung beruhende Beziehungen bestehen können. Wir Sowjetmenschen sind aber der Ansicht, daß solche Beziehungen bestehen können und bestehen sollen. Die Sowjetmenschen sind der Ansicht, daß jede Nation, ob groß oder klein, ihre qualitativen Besonderheiten besitzt, ihre Eigenart, die nur ihr gehört und die andere Nationen nicht besitzen. Diese Besonderheiten sind jener Beitrag, den jede Nation zum gemeinsamen Schatz der Weltkultur leistet und mit dem sie ihn ergänzt, ihn bereichert. In diesem Sinne sind alle Nationen, die kleinen und die großen, in der gleichen Lage, und jede Nation ist jeder beliebigen anderen Nation gleichbedeutend.“10 Deutschland ist eine große Nation, Dänemark hingegen eine kleine Nation. Aber das sind bloß Gewichtsklassen nach Statistiken über Bevölkerung und Landmasse. Von der Bedeutung als Mosaiksteine im Relief der Menschheit spielt die zahlenmäßige Größe eines Volkes eine zweitrangige Rolle; das Primäre ist sein Beitrag zum Fortschritt der Menschheit, geistig und materiell. Auch deshalb sind Nexös Anschauungen von Interesse, als ein Stern von vielen an der Himmelswand der Völker.

Es lebe die Freundschaft zwischen den Völkern Dänemarks und Deutschlands!

1Vgl. „Rede auf dem ersten Kulturtag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“ (5. Mai 1948) In: Martin Andersen Nexö „Kultur und Barbarei“, Dietz Verlag, Berlin 1957, S. 299.

2Deutschland und die Zukunft“ (Herbst 1944) In: Martin Andersen Nexö „Briefe an einen Landsmann“, Dietz Verlag, Berlin 1953, S. 123.

3Vgl. „Deutschenfurcht und Russenfurcht“ In: Ebenda, S. 94.

4Deutschland und die Zukunft“ (Herbst 1944) In: Ebenda, S. 134/135.

5Siehe: Ebenda, S. 133.

6Die Sudeten“ (13. Dezember 1946) In: Martin Andersen Nexö „Reiseschilderungen“, Dietz Verlag, Berlin 1956, S. 421.

7Das große Jahr der Midgardschlange“ (Dezember 1949) In: Ebenda, S. 449.

8Aus einer Rede im Dietz Verlag“ (4. September 1948) In: Martin Andersen Nexö „Kultur und Barbarei“, Dietz Verlag, Berlin 1957, S. 304.

9Siehe: „Brief an Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl“ (31. Juli 1949) In: Ebenda, S. 310 f.

10Rede auf dem Diner zu Ehren der finnischen Regierungsdelegation“ (7. April 1948) In: J. W. Stalin „Werke“, Bd. 15, Verlag Roter Morgen, Dortmund 1979, S. 129.

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