Unter dem Banner Ernst Thälmanns und Walter Ulbrichts – Zum 50. Todestag Hermann Materns

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Am 24. Januar 1971 verstarb Hermann Matern nach einem kampferfüllten Leben für die sozialistische Revolution in Deutschland. Er war ein bedeutender deutscher Marxist-Leninist, Kämpfer für den Sozialismus und Kommunismus und enger Genosse an Walter Ulbrichts Seite. Sein Bekanntheitsgrad liegt aber weitaus niedriger als der seines Kampfgefährten.

Dabei war Hermann Matern sogar zwei Wochen älter als Walter Ulbricht. Hermann Matern wurde am 17. Juni 1893 geboren, Walter Ulbricht am 30. Juni desselben Jahres. Wie auch Walter Ulbricht kam Hermann Matern aus einer Arbeiterfamilie, die Anhänger der SPD waren1. Entsprechend trat er 1911 in die SPD ein2, verließ diese aber im Herbst 1914 zusammen mit seinem Vater aus Protest gegen die Kriegskreditbewilligung durch die Parteiführung3. Im Dezember 1918 schloss sich Hermann Matern der USPD an und wurde zum Leiter der Parteiorganisation im Jerichower Land4. Genauso wie Ernst Thälmann blieb Hermann Matern in der USPD, um eine Vereinigung mit der KPD anzustreben5. Diese erfolgte bekanntlicherweise im November 1920. Hermann Matern gelang es durch diese Vereinigung eine 200 Mitglieder umfassende Ortsgruppe der KPD in seiner Heimatstadt Burg zu haben6. Im März 1929 wurde Hermann Matern zum Politischen Sekretär der Bezirksleitung Magdeburg/Anhalt gewählt7. In seinem Bezirk genoss er große Beliebtheit bei den Arbeitern aufgrund seiner agitatorischen Fähigkeiten8. Ende 1931 entsandte das Zentralkomitee Hermann Matern nach Ostpreußen, um als Politischer Sekretär der örtlichen Parteiorganisation zu agieren9. Ernst Thälmanns Richtlinien waren dabei richtungsweisend für die politische Arbeit Hermann Materns10. Alleine deshalb ist es wenig verwunderlich, wenn Hermann Matern Jahrzehnte später bei der Verleihung des Ehrennamen „Ernst Thälmann“ an die Jungen Pioniere am 23. August 1952 über dessen Vermächtnis sagte: „Ernst Thälmann konnte den endgültigen Sieg der Sowjetarmee über den Faschismus nicht mehr erleben. Doch sein Geist lebt weiter in den Taten unserer Werktätigen beim sozialistischen Aufbau.“11 Es folgten während der Zeit des Hitlerfaschismus Jahre der Arbeit erst im Untergrund, später vom Exil aus. Nach der Niederschlagung des Hitlerfaschismus durch die Sowjetunion kam Hermann Matern als Teil der Gruppe um Anton Ackermann nach Deutschland zurück, um in Sachsen die Partei zu reorganisieren. Auf dem Gründungsparteitag der SED wurde Hermann Matern in den Parteivorstand (so lautet der damalige Name des Zentralkomitees) gewählt12. Bis zu seinem Tode war Hermann Matern von nun an Mitglied des Zentralkomitees. Die Biographen Lya Rothe und Erich Woitinas hoben besonders Hermann Materns Wirken für die Entwicklung der SED als Partei auf marxistisch-leninistischem Kurs an der Seite von Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter Ulbricht hervor13.

Hermann Matern kümmerte sich bei seinem Wirken hauptsächlich um die politische Bündnisarbeit, die ideologische Bildung und Reinheit der Partei. Bereits auf dem Bezirksparteitag der KPD Ostpreußen im November 1932 stellte Hermann Matern klar: „Die gesamte Entwicklung in Deutschland und in der Welt hat bewiesen, daß allein der Marxismus-Leninismus imstande ist, die Entwicklung vorauszusagen und alle Erscheinungen, die Kampfformen und Methoden richtig zu bestimmen. Das gibt der Partei, jedem Genossen, jeder Genossin die gewaltige Überlegenheit gegenüber allen anderen. Wir sind die einzigen, die den arbeitenden Massen die Zusammenhänge erklären können, wir sind die einzigen, die eine richtige Perspektive haben, wir sind die einzigen, die die Entwicklung des Kapitalismus und der Kämpfe voraussagen. Keine andere Partei ist dazu in der Lage.“14 Die Partei war keineswegs ein Elfenbeinturm, sondern verband die Theorie auf die richtige Weise mit der Praxis. „Die Politik unserer Partei, unsere Generallinie, ist das Ergebnis der Anwendung des Marxismus-Leninismus auf die konkreten Bedingungen des Kampfes für die Tagesinteressen des Volkes und den historischen Fortschritt. Nur die Verwirklichung unserer Politik bringt die deutsche Einheit, sichert den Frieden und die Zukunft unseres Volkes.“15, schrieb Hermann Matern im Oktober 1949. Auch auf der III. Parteikonferenz der SED am 30. März 1956 stellte Hermann Matern fest: „Ohne überheblich zu sein, – das ist dem Marxismus-Leninismus fremd – muß man doch sagen, daß diese tiefgehenden Umwälzungen und der große Aufbau ohne prinzipielle Fehler durchgeführt wurden. Unter der Führung der Partei und ihres Zentralkomitees wurde der prinzipiell richtige Weg beschritten, auftretende Fehler in der Durchführung wurden korrigiert und werden korrigiert, und eine richtige Politik, die den Bedingungen in Deutschland entspricht, wurde durchgeführt.“16 Was war diese „Anwendung des Marxismus-Leninismus auf die konkreten Bedingungen in Deutschland“? Nichts anderes als die Walter-Ulbricht-Praxis.

In einer Rede auf einer Funktionärskonferenz der KPD in Dresden am 1. Juli 1945, nicht lange nach der Befreiung, sagte Hermann Matern: „Wir wollen die Einheit der Arbeiterklasse, wir wollen das werktätige Volk zur wirklichen Demokratie führen!“17 Unter der „wahren Demokratie“ verstand er die Diktatur des Proletariats18. Matern verwies auf die Rede Walter Ulbrichts auf der Ersten Funktionärskonferenz der KPD Groß-Berlin am 25. Juni 1945 und ihre große Bedeutung für den politischen Kurs der Partei19. Hermann Matern achtete Walter Ulbricht, und das nicht nur in formellen Aussagen wie „Das höchste Organ der Volkskammer ist der Staatsrat mit dem Genossen Walter Ulbricht an der Spitze.“20 oder dessen Anerkennung als ein „erprobter Führer der Arbeiterbewegung“21. Hermann Matern stellte sich vor allem ideologisch hinter Walter Ulbricht.

Auf der III. Parteikonferenz der SED sprach Hermann Matern: „Wenn der Feind die Haßkampagne gegen unsere Partei führt und besonders das Feuer gegen Genossen Walter Ulbricht richtet, dann fürchtet er die Stärke unserer Partei und ahnt den Anteil des Genossen Ulbricht an der Herausarbeitung der richtigen Politik im Führungskollektiv unserer Partei.“22 Er erkannte damit Walter Ulbricht als den Chefideologen der Partei an. Der Revisionist Karl Schirdewan war so ein Parteifeind, der Walter Ulbrichts Generallinie als „ultralinks“, „dogmatisch“ und „diktatorisch“ abtat23. Hermann Matern hörte sich im Zuge des innerparteilichen Kampfes gegen die Schirdewan-Wollweber-Clique um und bekam mit, dass Schirdewan hinterrücks Lügen über Walter Ulbricht verbreitete und Ernst Wollweber sogar gegenüber Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit erklärte, dass man Walter Ulbricht bald absetzen würde24. Im Jahre 1959 forderte Hermann Matern Karl Schirdewan dazu auf, noch eine Selbstkritik zu verfassen wegen seines revisionistischen Verhaltens25. Weil Hermann Matern die revolutionäre Generallinie Walter Ulbrichts bei der Zerschlagung der Schirdewan-Wollweber-Clique so nachdrücklich vertrat, wurde er von Karl Schirdewan als ein „Ulbricht völlig ergebener Mann“26 bezeichnet. Hermann Matern verteidigte die Verwirklichung der Walter-Ulbricht-Praxis gegen ihre Feinde.

Nicht nur gegenüber innenpolitischen Intrigen war Hermann Matern gefeit. In einer Rede vor einer westdeutschen Arbeiterdelegation entlarvte Hermann Matern bereits am 28. Dezember 1964 Willy Brandts „Wandel durch Annäherung“ als ein „Eintreten für die Liquidierung der sozialistischen Errungenschaften der DDR“27. In Würdigung der sozialistischen Errungenschaften machte Hermann Matern in einem am 22. Februar 1967 verfassten Brief an Jugendliche aus Dresden die nationale Bedeutung der DDR klar: „Unsere Republik gibt das Beispiel in Deutschland, wie ohne Imperialisten und Großgrundbesitzer ein neues Leben geschaffen wird.“28 Die DDR als sozialistischer deutscher Nationalstaat ist das Vorbild eines einigen, sozialistischen Deutschlands, das Walter Ulbricht und sein Führungskollektiv, in dem Hermann Matern Mitglied war, anstrebten. Am 9. Oktober 1967 vertrat Hermann Matern in einem Vortrag vor Genossen der NVA in Strausberg Walter Ulbrichts These, dass der Sozialismus keine kurze Übergangsphase sei, sondern eine relativ selbstständige sozioökonomische Formation beim Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus im Weltmaßstab. „Diese Einschätzung hat eine große theoretische und praktische Bedeutung für die Entwicklung der Strategie und Taktik der Partei.“29, sagte Hermann Matern über eben diese These. Sie war deshalb so wichtig, weil darin die Ablehnung der sowjetrevisionistischen These vom „Kommunismus in 20 Jahren“, die Chruschtschow auf dem XXII. Parteitag der KPdSU verkündete, enthalten war. Der Sozialismus wird eine relativ lange Zeit bestehen, bevor er im Weltmaßstab gesiegt hat und dadurch der Übergang zum Kommunismus möglich wird. Damit verteidigte er auch in dieser wichtigen Frage den Kurs Walter Ulbrichts gegen den Revisionismus.

Durch sein jahrzehntelanges Mitwirken in Walter Ulbrichts Führungskollektiv hat Hermann Matern die revolutionäre Praxis der Partei mitgeprägt. Seine Beiträge sind ein Teil der in der Walter-Ulbricht-Praxis manifestierten revolutionären Erfahrungen unserer Bewegung und unserer Partei. Wir sollten von Hermann Materns Beispiel lernen. Dies sollte nicht von einer einzigen Person getan werden, sondern im Kollektiv. Die großen Leistungen einzelner Personen können nur im Zusammenhang mit ihrem kollektiven Lebens- und Arbeitsumfeld verstanden werden. Genauso können ihre Erfahrungen effektiv auch nur im Kollektiv ausgewertet werden. Geschieht dies nicht, so fällt es entweder auf unfruchtbaren Boden, weil sich zu wenige damit befassen oder es werden Teilaspekte übersehen, die von Bedeutung sind. Durch die Schaffung eines kollektiven Leitsystems, das die gemeinsame Zusammenarbeit in politischer und ideologischer Arbeit in den Mittelpunkt stellt, wird das Beständigkeit annehmen.

Ludwig Kossuth hatte recht, als er sagte: „Das verlorene Leben gibt Gott nicht zurück.“30 Nichts und niemand kann Hermann Matern wieder zum Leben erwecken. Wir aber können seinem Beispiel folgen und seine Ideen lebendig halten im Kampf für unsere Sache. Das sind wir ihm schuldig als revolutionären Vorkämpfer und Ahnen.

1Vgl. Lya Rothe/Erich Woitinas „Hermann Matern – Aus seinem Leben und Wirken“, Dietz Verlag, Berlin 1981, S. 8/9.

2Vgl. Ebenda, S. 13.

3Vgl. Ebenda, S. 17.

4Vgl. Ebenda, S. 21.

5Vgl. Ebenda, S. 23.

6Vgl. Ebenda, S. 24.

7Siehe: Ebenda, S. 36.

8Vgl. Ebenda, S. 41.

9Vgl. Ebenda, S. 42.

10Vgl. Ebenda, S. 49.

11Vorwärts, Thälmann-Pioniere, für eine glückliche Zukunft!“ (23. August 1952) In: Hermann Matern „Im Kampf für Frieden, Demokratie und Sozialismus“, Bd. I, Dietz Verlag, Berlin 1963, S. 362.

12Vgl. Lya Rothe/Erich Woitinas „Hermann Matern – Aus seinem Leben und Wirken“, Dietz Verlag, Berlin 1981, S. 104.

13Siehe: Ebenda, S. 105.

14Von Teilkämpfen zu großen politischen Massenaktionen“ (November 1932) In: Hermann Matern „Im Kampf für Frieden, Demokratie und Sozialismus“, Bd. I, Dietz Verlag, Berlin 1963, S. 71.

15Gegen falschen Objektivismus“ (Oktober 1949) In: Ebenda, S. 289.

16Die Rolle und Bedeutung der gewählten Volksvertretungen“ (30. März 1956) In: Ebenda, Bd. II, S. 8.

17Der Weg unserer Partei“ (1. Juli 1945) In: Ebenda, Bd. I, S. 147.

18Siehe: „Das Mehrparteiensystem in der Deutschen Demokratischen Republik“ (April 1959) In: Ebenda, Bd. II, S. 271.

19Siehe: „Der Weg unserer Partei“ (1. Juli 1945) In: Ebenda, Bd. I, S. 145.

20Die Volkskammer – das höchste staatliche Organ unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates“ (September 1963) In: Ebenda, Bd. III, Dietz Verlag, Berlin 1968, S. 51.

21Die beiden gemeinsamen Konferenzen der KPD und der SPD vom Dezember 1945 und Februar 1946 – wichtige Schritte auf dem Wege zur Gründung der SED“ (10. Februar 1966) In: Ebenda, S. 410.

22Die Rolle und Bedeutung der gewählten Volksvertretungen“ (30. März 1956) In: Ebenda, Bd. II, S. 8/9.

23Vgl. Karl Schirdewan „Aufstand gegen Ulbricht“, Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1995, S. 66.

24Vgl. „Kurze Information über die Politbürositzung am 11. Januar 1958“ In: Ebenda, S. 215/216.

25Vgl. Karl Schirdewan „Aufstand gegen Ulbricht“, Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1995, S. 152.

26Ebenda, S. 114.

27Vgl. „Selbstbestimmungsrecht erfordert die Macht des schaffenden Volkes“ (28. Dezember 1964) In: Hermann Matern „Im Kampf für Frieden, Demokratie und Sozialismus“, Bd. III, Dietz Verlag, Berlin 1968, S. 165/166.

28Liebe und Treue unserem sozialistischen Staat“ (22. Februar 1967) In: Ebenda, S. 550.

29Die Erhöhung der führenden Rolle unserer Partei – grundlegende Gesetzmäßigkeit im Kampf um die Vollendung und Sicherung des Sozialismus“ (9. Oktober 1967) In: Ebenda, S. 637.

30Lájos Kossuth „Große Ministerrede vor dem Pester Landtag“ (11. Juli 1848), Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1998, S. 29.

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